OB-Wahl 2019

Ein Kandidat reizt die Frist voll aus

OB-Wahl Außer Amtsinhaberin Angelika Matt-Heidecker bewirbt sich auch Dr. Pascal Bader um den Posten als Kirchheimer Stadtoberhaupt. Von Andreas Volz

Schlag 18 Uhr überzeugt sich Kirchheims Wahlamtsleiter Jochen Schilling am Briefkasten des Rathauses davon, dass außer den zwei
Schlag 18 Uhr überzeugt sich Kirchheims Wahlamtsleiter Jochen Schilling am Briefkasten des Rathauses davon, dass außer den zwei vorhandenen keine weitere Bewerbung eingegangen ist.Foto: Andreas Volz

Seit Montag Abend, 18 Uhr, steht es fest: Für die Kirchheimer Oberbürgermeis­terwahl am 1. Dezember liegen zwei Bewerbungen vor: Die der Amtsinhaberin Angelika Matt-Heidecker kam gleich zu Beginn der Bewerbungsfrist, Mitte September. Der zweite Kandidat machte es dagegen weitaus spannender: Seine Bewerbungsunterlagen gab er eine halbe Stunde vor Ablauf der Frist persönlich bei Kirchheims Wahlamtsleiter Jochen Schilling ab - am Abend um 17.30 Uhr.

Angelika Matt-Heidecker und Dr. Pascal Bader treten bei der Kirchheimer Oberbürgermeisterwahl gegeneinander an.

Um wen handelt es sich beim Gegenkandidaten? Um den Volkswirt Dr. Pascal Bader, 49 Jahre alt, wohnhaft in Kirchheim und seit Mai 2016 als Leiter des Referats „Umwelttechnik, Forschung, Ökologie“ im baden-württembergischen Umweltministerium tätig. Das Gespräch mit der Presse hatte er im Vorfeld seiner Bewerbung nicht gesucht. Dennoch ist seine Bewerbung ernstzunehmen. Es steht zu vermuten, dass er kandidiert, um den Wählern in knapp vier Wochen auch tatsächlich eine Auswahlmöglichkeit zu geben.

Kein umfangreicher Stimmzettel

Der vorgedruckte Stimmzettel wird trotz der zweiten Bewerbung nicht allzu umfangreich ausfallen. Auch der Gemeindewahlausschuss dürfte angesichts der Kandidatenlage vor keinen großen Schwierigkeiten stehen, wenn er am heutigen Dienstagnachmittag zusammentritt, um die eingegangenen Bewerbungsunterlagen zu überprüfen. Wahlamtsleiter Schilling beschrieb die Situation am Montag Abend mit der professionell gebotenen Vorsicht und Zurückhaltung: „Momentan liegen zwei Bewerbungen vor, die der Gemeindewahlausschuss zulassen könnte.“ Bestätigen konnte er lediglich den Eingang sämtlicher Unterlagen von zwei Kandidaten sowie deren Namen.

Amtsinhaberin Angelika Matt-Heidecker hatte bereits vor Eingang der zweiten Bewerbung gesagt, dass sie auf alle Eventualitäten vorbereitet sei. Selbst wenn sie die einzige Kandidatin geblieben wäre, hätte sie einen engagierten Wahlkampf führen wollen - beginnend am kommenden Samstag, 9. November: „Da werden die ersten Plakate aufgehängt, und da stehe ich auch zum ersten Mal an meinem Wahlstand in der Marktstraße. Ich will über meine Gedanken und Ideen reden und mit der Bürgerschaft ins Gespräch kommen.“ Auch in Kirchheims Teil­orten will sie in den drei Wochen, die dann noch bis zur Wahl bleiben, regelmäßig präsent sein.

Nach zwei vollen Amtszeiten - insgesamt also 16 Jahren - sei die Lust aufs Amt ungebrochen, konstatierte sie: „Sonst hätte ich mich nicht noch einmal beworben.“ Die Zeit allerdings, in der es fast gar nichts anderes mehr gab als Diskussionen um die Flüchtlings­unterbringung, bezeichnet sie rückblickend als „kraftraubend“.

In den folgenden Jahren gebe es noch eine Menge Projekte, die sie gerne umsetzen und vorantreiben möchte: „Meine Herzensangelegenheit ist das Kornhaus.“ Dort soll ein neuer kultureller Mittelpunkt entstehen. Es ist ihr aber durchaus bewusst, dass es nicht nur darum gehen kann, angefangene Projekte abzuschließen: „Natürlich werden auch neue Dinge angestoßen werden müssen.“

Von sich aus griff Angelika Matt-Heidecker die möglichen Vorwürfe auf, eine Wahl mit nur einer Bewerberin sei ja keine echte Wahl und nach 16 Jahren wäre es doch an der Zeit gewesen aufzuhören, bevor es allen langweilig werde: „Mir ist Kontinuität wichtig, und das ist etwas ganz anderes als Langeweile“, sagte sie.

Nun wird der Wahlkampf zumindest nicht zur „One-Woman-Show“, sodass für Spannung gesorgt ist. Langeweile kann bei zwei Kandidaten eher nicht aufkommen. In zwei Wochen beginnt für beide der „Vorstellungsmarathon“: Am Dienstag, 19. November, startet der Reigen der offiziellen Bewerbervorstellungen in Lindorf. Jeweils einen Abend später folgen Nabern, Jesingen und Ötlingen, bevor diese Tour am Montag, 25. November - also sechs Tage vor dem Wahlsonntag -, in der Stadthalle ihren Abschluss findet.

Kommentar: Eine Wahl mit Auswahl

Kirchheim hat am 1. Dezember die Wahl: Zumindest bleibt den Wählern dabei die Qual erspart, die viele befürchtet hatten, bevor ganz zuletzt, zum gestrigen Bewerbungsschluss, eben doch noch eine zweite Kandidatur ihren Weg ins Wahlamt fand: die Qual, zur Wahl gehen zu sollen, ohne eine Auswahl zu haben; die Qual, entweder hinter der einzigen Bewerberin ein Kreuzchen zu machen oder den Namen einer anderen wählbaren Person auf den Stimmzettel zu schreiben - und sei es auch nur, um ein persönliches Zeichen des Protests zu setzen gegen die fehlende Auswahl.

Hat man diese Auswahl nämlich nicht, beklagt man sich für gewöhnlich genau darüber: Es gibt keine Alternativen, also kann es sich auch nicht um eine Wahl handeln. Da die Wahl ein Wortbestandteil der Auswahl ist, entsteht schnell der Eindruck, eine Wahl ohne Auswahl hätte ihren Namen nicht verdient.

Nun ist alles anders gekommen: Es gibt einen Gegenkandidaten und damit tatsächlich eine Auswahl bei der Oberbürger­meis­terwahl in Kirchheim. Dass Angelika Matt-Heidecker eine seriöse Kandidatin ist, war von vornherein klar. Aber auch bei Dr. Pascal Bader hat sich die Befürchtung nicht bewahrheitet, dass sich am letzten Tag der Bewerbungsfrist ja wohl nur noch ein Spaßkandidat oder ein Querulant melden könne.

Jetzt gibt es zwar einen relativ kurzen, dafür aber einen echten Wahlkampf, mit Schlagabtausch über die Themen, die für Kirchheim wichtig sind. Das ist im Interesse Kirchheims, im Interesse der Demokratie - und es kann letztlich auch nur im Interesse der Amtsinhaberin sein, die sicherlich nicht nur „aus Langeweile“ gewählt werden wollte.

Andreas Volz