Serie Alte Weilheimer Gastwirtschaften

Wo einst die Postkutschen verkehrten

Serie Im frühen 19. Jahrhundert hieß die Wirtschaft am Marktplatz 12 in Weilheim noch „Linde“. Umbenannt wurde sie, als sie 1858 zur Anlaufstelle der Fahrpost wurde. Von Bianca Lütz-Holoch

Der Gasthof „Zur Post“ in Weilheim ist eine Traditionsgaststätte im wahrsten Sinne des Wortes. Seit 1876 befindet er sich im Besitz der Familie Raff. Alexandra und Karl-Heinz Raff führen die Post in nunmehr fünfter Generation.

Die Geschichte der Gaststätte selbst reicht aber noch weiter zurück. „Das Haus hieß bis zum Jahr 1858 Gasthaus zur Linde“, erzählt Weilheims Stadtführer Wilhelm Braun. In Schriftstücken taucht die Schildwirtschaft erstmals im Jahr 1804 auf. Seit jenem Zeitpunkt lag auch eine Gastwirtschaftsberechtigung vor, wie im Weilheimer Heimatbuch „Die Geschichte der Stadt an der Limburg“ zu lesen ist. Zunächst war Johannes Baur Wirt, danach Heinrich Bauer. Ihnen folgte Heinrich Sigel.

„1858 wurde dann eine neue Postlinie eingerichtet“, berichtet Wilhelm Braun. „Und im Gasthaus zur Post fanden die Postübergabe und die Pferdefütterung statt.“

Die Postlinie zwischen Kirchheim und Wiesensteig stellte eine Verbesserung des Transports von Informationen und Päckchen dar, wie Martin Mundorff im Weilheimer Heimatbuch schreibt. Zuvor hatte noch ein Bote Nachrichten zwischen Stuttgart und Göppingen überbracht - und zwar ein- bis zweimal pro Woche. Anders die neuen Kutschen: „In der ersten Tageshälfte fuhr die Postkutsche in Richtung Wiesensteig ab. In Weilheim wurden die Pferde ausgetauscht“, schreibt Martin Mundorff. Bis zum Abend kehrte die Kutsche von Wiesensteig nach Kirchheim zurück. Auch Personen wurden per Postkutsche befördert.

Ein Zimmer im Gasthaus - in dem später die Metzgerei eingerichtet wurde - fungierte als Postschalter. Er war sogar an Sonn- und Feiertagen geöffnet.

In der Anfangsphase war Gastwirt Heinrich Sigel verantwortlich für die Post. 1876 erwarb der Metzger Gottlob Raff das Anwesen für seinen Sohn Louis Raff, der dann auch Posthalter wurde.

Ihr Ende fand die Posthalterei in Weilheim im Jahr 1908. Grund dafür war, dass sich fortschrittlichere Verkehrs- und Kommunikationsmittel etablierten: Bereits 1904 begann der Aufbau eines Telegrafennetzes in Weilheim. 1908 wurde schließlich die Eisenbahnlinie zwischen Kirchheim und Weilheim in Betrieb genommen und machte die Kutschen endgültig überflüssig.

Über die Serie „Alte Gastwirtschaften“

Serie Für eine Stadtführung hat Wilhelm Braun rund ums Thema alte Gaststätten in Weilheim recherchiert. Einige dieser Wirtschaften stellt der Teckbote in einer Serie vor.

Quellen Als Basis dienen Informationen aus Archiven und Chroniken. Vieles ist aber auch mündlich überliefert und entstammt Gesprächen mit Nachkommen der ehemaligen Gaststättenbesitzer und Erinnerungen ortskundiger Bürger. Die Artikel der Serie sind deshalb nicht mit wissenschaftlichen Arbeiten gleichzusetzen.

Kontakt Wer weitere Informationen zu alten Gaststätten in Weilheim hat, kann unter 0 70 21/97 50-22 gerne telefonisch Kontakt mit der Redaktion aufnehmen.bil