Owen. Von den 18 500 Fahrzeugen, die täglich durch Owen rauschen, sind rund 1 100 Lkws. Erfüllen sich die schlimmsten Befürchtungen der Owener Bürgermeisterin Verena Grötzinger, würde ab voraussichtlich Mai 2017 noch mal fast die Hälfte an Lastwagen dazukommen. Grund dafür ist der Start des Tunnelbaus für die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm rund um Kirchheim.
Für den 8,2 Kilometer langen Albvorlandtunnel bohrt sich die Tunnelmaschine täglich rund 40 Meter ins Erdreich hinein. Das ergibt 500 Lkw-Ladungen, die in der Hochphase von der Baustelle abtransportiert werden müssen. Teilweise starten die Transporte im Minutentakt. Eine der Hauptrouten, die die Deutsche Bahn dafür vorgesehen hat, ist die B 465 durch Owen. Auch die Autobahn ist eingeplant. Wie die Transporte verteilt werden, ist noch unklar.
Aus diesem Grund hat der Kirchheimer SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kenner eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. In dem Antwortschreiben von Verkehrsminister Winfried Hermann heißt es, dass die Transportwege von den Verwertungsstellen abhängen. Die wiederum lege nicht die Deutsche Bahn, sondern der Unternehmer fest, der sie noch nicht bekannt gegeben hat. Folglich steht noch nicht fest, wie viele Transporte tatsächlich durch Owen gelotst werden. Diese Antwort bezeichnet Kenner als „nicht befriedigend“.
Bei Verena Grötzinger lässt die Antwort schon jetzt die Alarmglocken schrillen: „Im schlimmsten Fall heißt es, dass hier täglich 500 Fahrzeuge mehr durchfahren“, sagt sie. 500 Fahrzeuge zu viel. Denn eigentlich könne die Stadt kein einziges mehr verkraften. Die Stadt pocht schon seit Jahren darauf, eine Ortsumfahrung einzurichten, um die Owener vom ständigen Durchfahrtsverkehr zu erlösen. Doch bis jetzt waren die Bemühungen vergeblich. Im kommenden Bundesverkehrswegeplan rückt das Anliegen zwar in den „vordringlichen Bedarf“, doch selbst das hat angesichts vieler noch dringenderer Projekte keine große Bedeutung.
Inzwischen gibt es in der Stadtverwaltung Überlegungen, die Umleitung einfach selbst in die Hand zu nehmen (siehe Infokasten). Klar ist nur: Bis es im Frühjahr 2017 zum Ernstfall kommt, kann ganz bestimmt keine neue Straße mehr gebaut werden. Die Owener müssen die Mehrbelastung über sich ergehen lassen – egal ob es sich am Schluss um 50 oder 500 Lastwagen handelt. Nach den Plänen der Deutschen Bahn steht die Tunnel-Baustelle bis 2020. Andreas Kenner rechnet hingegen mit sieben bis acht Jahren Bauzeit.
Für die Owener Bürgermeisterin stellt sich bei der Routenplanung vor allem die Frage der Verhältnismäßigkeit. Für sie heißt das in erster Linie: Je weniger Anwohner betroffen sind, desto besser sollte es doch sein. Ihrer Ansicht nach müssten die Lastwagen im Zweifelsfall auch längere Wege über die Autobahn in Kauf nehmen, um die Orte an der B 465 zu schonen. Für ihr Anliegen hat sie die Unterstützung aller Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Grünen, SPD und CDU zugesagt bekommen.
Wann die Unternehmen die Routen festlegen und die Owener Verwaltung weiß, mit wie vielen Lastwagen sie es zu tun kriegt, steht auch noch nicht fest.