Teckbotenpokal
Der Beckenbauer vom Rübholz

Teckbotenpokal Am Sonntag kommender Woche beginnt die 58. Auflage in Ötlingen. Beim gastgebenden TSVÖ gibt es einen Mann, der die drei einzigen Turniererfolge miterlebt hat. Von Klaus Schlütter

Dreimal hat der TSV Ötlingen den Teckboten-Pokal gewonnen – 1964, 1969, 1984. Lang, lang ist’s her. Es gibt nur noch wenige im Verein, die in irgendeiner Form daran beteiligt waren. Und nur einen Mann, der bei allen drei Turniersiegen eine entscheidende Rolle gespielt hat: Der inzwischen 87-jährige Roland Geissler feierte die ersten beiden Pokalerfolge als Spieler und den dritten als Abteilungsleiter mit den Jungs aus dem Rübholz – ein lupenreiner Hattrick sozusagen.

Der leidenschaftliche Kicker gab seinen Einstand 1954 in der ers­ten Mannschaft der Ötlinger standesgemäß. Er erzielte beide Tore beim 2:1-Sieg gegen den TSV Weilheim. Im Laufe der Jahre wurde aus dem Torjäger einer, der die Abwehr als umsichtiger Libero mit Schnelligkeit und Kopfballstärke zusammenhielt. Sein Freund, der Organisator des 2022er-Turniers Hans-Georg Rietheimer: „Roland war hinten eine Bank, unser Franz Beckenbauer.“

Der begabte Spieler weckte Begierden bei der Konkurrenz. Der VfL Kirchheim hatte ein Auge auf ihn geworfen und nominierte Geiss­ler für ein Auswahlspiel Stadt- gegen Kreisauswahl. „Ich sollte mit dem Auto abgeholt werden und wartete mit gepackter Sporttasche am vereinbarten Treffpunkt in Lindorf. Aber es kam niemand“, erinnert er sich. Wie ihm erging es dem Abholer aus Kirchheim. Der wartete vergeblich am „Rössle“ im Ortszentrum von Ötlingen. Handys, um sich kurzfristig zu verständigen, gab es damals freilich noch nicht. „So bin ich beim TSV Ötlingen geblieben und habe es nicht bereut“, sagt der verhinderte Oberligaspieler.

1964 gewannen Geissler und Co. gegen den TSV Notzingen auf dem alten AEG-Platz zum ersten Mal den Teckboten-Pokal. Fünf Jahre später folgte mit dem inzwischen 34-Jährigen im Abwehrzentrum das 6:2 im Finale gegen die TG Kirchheim. 1970 löste Geissler als Spielertrainer das Trainergespann Gerhard Nafzer/Ernst Hummel ab. Er setzte verstärkt auf den Nachwuchs und mischte mit der jungen Truppe stets im vorderen Tabellendrittel mit.

Mit 40 dankte der Ötlinger „Kaiser“ ab und konzentrierte sich darauf, die Geschicke der Fußballabteilung zu lenken. Tatkräftig unterstützt von seiner Frau, der vor zwei Jahren verstorbenen Walburga. „Für uns waren sie Vater und Mutter. Ohne sie lief nichts“, erinnert sich Hans Rietheimer

Unter Geisslers Führung feierte der TSV 1984 den dritten Teckboten-Pokalsieg. Ein Jahr später legte „Mister TSV“ sein Amt nieder. Nicht für immer. 1990 nach einem Großbrand auf dem Vereinsgelände und dem Abstieg der Fußballer in die Kreisliga B sprang Geissler noch mal kurz als Abteilungsleiter ein, um seinen Freund Rietheimer als Nachfolger „einzulernen“. Nach 16 Jahren an der Spitze war dann endgültig Schluss. Sein zweites Hobby hatte er schon lange vorher ruhen lassen. Geissler gab einst als erster Trompeter auch im Musikverein den Ton an, bis er sich ausschließlich aufs Kicken konzentrierte. Mit den ehemaligen Mitspielern trifft er sich heute noch regelmäßig einmal die Woche im „Bürgerstüble“ in Lindorf.

Die große Leidenschaft für den Fußball ist bis ins hohe Alter geblieben. Allerdings bringt er sie heute in anderer Form zum Ausdruck. Ließ er früher seine Beine sprechen, ist er nun ein lautstarker Zuschauer, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Wenn nötig mit heftiger Kritik an der eigenen Mannschaft („die laufen rum wie Falschgeld“). Oder auswärts, wenn er unfaire Spieler und Zuschauer beschimpft. Sohn Klaus, der immer an seiner Seite steht, muss ihn dann bremsen: „Bitte sei ruhig, die nehmen keine Rücksicht auf dein Alter.“

Heute wird das Festzelt aufgebaut

Früher Vogel fängt auch im Rübholz den Wurm: Ab 8 Uhr wird am heutigen Samstag auf dem Ötlinger Sportgelände das Festzelt für das Turnier aufgebaut. Im eingezäunten Kleinkunstrasen neben der Vereinsgaststätte steigt das allabendliche Rahmenprogramm des Teckbotenpokals.
Den Auftakt ins Party­programm gibt es dabei bereits vor Beginn des sportlichen Geschehens, das tags drauf ab 11 Uhr seinen Lauf nimmt: Am Samstag, 23. Juli, läutet die Band „Bang Bags“ ab 19 Uhr die Turnierwoche ein. Der Eintritt ist wie bei allen Abendevents unter der Woche frei.
Der TSVÖ feiert in diesem Rahmen auch verspäteten Geburtstag: Die Party mit den „Bang Bags“ im Festzelt soll auch dem 127-jährigen Bestehen des Gesamtvereins gewidmet sein. Die Feierlichkeiten samt Festakt zum 125. Geburtstag mussten 2020 bekanntlich gecancelt werden. pet