Endlich in der Kabine angekommen: Wenn die Tür hinter ihm zufällt, weiß Marios Sliakas meistens ganz genau, ob es ein gutes Spiel für ihn war oder nicht. Gut war es in der Regel dann, wenn ihn kaum jemand wahrgenommen hat. Nach der Partie zwischen dem TSV Weilheim und der TG Kirchheim fühlt sich der 29-Jährige wunschlos glücklich: „Beide Teams wollten einfach nur Fußball spielen. Bis auf ein paar Kleinigkeiten musste ich kaum eingreifen.“
Egal ob Champions League oder Kreisliga, ohne Schiedsrichter kommt kein Fußballspiel aus. Diejenigen, die ganz oben pfeifen, stehen im Rampenlicht. Die aus den unteren Spielklassen hingegen kennt kaum jemand. Circa 60 000 Referees gibt es in Deutschland, Tendenz sinkend. Kein Wunder: Ihr Job ist zuweilen einsam und nicht selten von Gemecker und Aggressionen begleitet.
Sportsmännisches Denken bleibt dabei besonders bei Jugendspielen oftmals auf der Strecke. Diese Schattenseite des Fußballs nimmt auch Marios Sliakas von den SF Dettingen immer deutlicher wahr. Anfeindungen - vor allem von außen - seien heutzutage beinahe an der Tagesordnung. „Das muss während des Spiels aber unbedingt an einem abprallen“, so der Dettinger, der zugibt, dass Vorfälle dieser Art im Nachhinein trotzdem an ihm nagen. „Da lässt man sich schon mal den ein oder anderen Satz durch den Kopf gehen und fragt sich, wieso man jetzt so angegangen wurde.“ Dennoch habe er ein dickes Fell, bestätigt der Unparteiische. Das braucht er auch, denn der Druck ist bei jeder Begegnung aufs Neue da. Vor allem wenn ihm Fehler unterlaufen. Und die passieren nun mal bei rund 300 Entscheidungen pro Spiel.
Wie hilflos und ausgeliefert sich ein Schiedsrichter fühlen kann, hat der hauptberufliche Mechatroniker bereits bitter erfahren müssen: Einmal wurde er im Göppinger Kreis in der eigenen Kabine von mehreren Spielern angegangen und bedroht. Ein anderes Mal belästigte ihn nach einem Jugendspiel in Jesingen ein Vater in den sozialen Medien. Doch nicht nur das: Sogar Sliakas‘ Freundin erhielt entsprechende Nachrichten von dem Mann. Vorausgegangen war eine Schlägerei beider Teams unmittelbar nach Abpfiff der Partie, bei der im Nachhinein lange Sperren verhängt wurden. „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass einen so etwas nicht verletzt. Wenn es an die Privatsphäre geht, dann wird definitiv eine Grenze überschritten. Zum Glück sind das wirklich sehr seltene Ausnahmen“, berichtet Sliakas.
Doch da wären auch die schönen Seiten, die es als Schiri zu erleben gibt: Wenn etwa Spieler oder Trainer nach Abpfiff zu ihm kommen und sich kurz austauschen, weiß Sliakas das zu schätzen. „Es ist klasse, wenn man dann entspannt noch über zwei, drei Szenen spricht und Feedback bekommt. Das kann Kritik oder Lob sein, solange es sachlich ist, hilft es mir auf jeden Fall weiter.“ Auch der Fairplay-Gedanke werde bei Spielern wieder spürbar größer. „Wenn man in kniffligen Szenen die betroffenen Spieler freundlich fragt, wer beispielsweise zuletzt am Ball war, sind die meisten sehr ehrlich.“
Willkommene Abwechslung
Zum Pfeifen kam der 29-Jährige ganz zufällig: Im Zuge der Trainerlizenz musste der Dettinger im Jahr 2010 auch den Schiedsrichter-Schein machen. „Da habe ich dann gemerkt, dass mir das total viel Spaß macht und bin dabei geblieben.“ Seitdem pfeift Sliakas in der Bezirksliga, querfeldein von Kirchheim bis nach Herrenberg. Der Teckbotenpokal ist für ihn und 27 weitere Referees eine willkommene Abwechslung zum Liga-Alltag. „Die Atmosphäre ist was ganz Besonderes, da macht es nicht nur den Spielern, sondern auch uns Schiedsrichtern mehr Spaß“, so Sliakas.
Was einen guten Unparteiischen ausmacht, davon hat er eine ganz genaue Vorstellung: „Ein guter Schiedsrichter ist derjenige, der nicht im Mittelpunkt steht. Er muss eine breite Brust haben, freundlich und menschlich sein sowie emotionale Intelligenz besitzen.“