Zwischen Neckar und Alb
„Öffi-Flatrate“ für alle Jugendlichen

Nahverkehr Ab kommenden März soll ein landesweit gültiges Jahres-Abo Schüler, Studenten und Auszubildende in Busse und Bahnen locken. Die seither genutzte Monatskarte ist damit Geschichte. Von Bernd Köble

Generationen von Jugendlichen sind mit der Monats-Fahrkarte zur Schule, Uni oder Lehrstelle unterwegs. Ab 1. März kommenden Jahres brechen für sie neue Zeiten an. Dann soll ein landesweites Jugendticket das bisherige „Scool-Abo“ ersetzen. Dann fahren alle unter 21-Jährigen beziehungsweise unter 27-Jährigen, die noch in Ausbildung oder Studium stecken, zum Preis von einem Euro pro Tag in Bus und Bahn – landesweit, rund um die Uhr und das ganze Jahr. Kaufen kann man das neue Ticket künftig direkt im Abo-Center des VVS. Damit werden Fahrten für Stammgäste deutlich billiger. Bisher liegt der Eigenanteil für das Monatsticket im Scool-Abo bei 41,15 Euro, und das gilt nur innerhalb des VVS-Gebiets. Allerdings gibt es auch Verlierer: Wer seither nur monatsweise eine Fahrkarte gelöst hat – etwa im Winter –, der legt künftig drauf, wenngleich nur geringfügig: Einzelne Monatsfahrscheine im Verbundnetz werden dann 47 Euro kosten. Das landesweite Angebot gibt es nur als Voll-Abo fürs ganze Jahr.

Der Einstieg in ein 365-Euro-Ticket, wie es Umweltpolitiker schon länger fordern, steht allerdings unter Vorbehalten: Erstens gilt es nur für Jugendliche, zweitens darf es nicht so heißen. Den Preis per Definition in Stein zu meißeln, das weiß auch die Politik, wird nicht funktionieren. Der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) plant in den kommenden beiden Jahren massive Tariferhöhungen. Experten befürchten, noch bevor die politische
 

„Dieses Angebot hätte ich gerne für meine eigenen Kinder gehabt.
Enrico Bertazzoni
CDU-Kreisrat und Familienvater.
 

Debatte entbrannt ist, einen „Preis-Schock“. Gründe sind neben Investitionen in Ausbau und verbesserte Angebote auch krisengeschüttelte Verkehrsunternehmen. Allein die Mehrkos­ten für das verbilligte Jugendticket kos­ten den Landkreis Esslingen als Partner im Verkehrsverbund jährlich 360 000 Euro. An den Gesamtkosten trägt das Land mit 70 Prozent die Hauptlast. Den Rest teilen sich die kommunalen Partner. 

Der Esslinger Kreistag, der an diesem Donnerstag noch vor der Sommerpause dem neuen Angebot einhellig zugestimmt hat, sieht sich damit auf dem richtigen Weg. Schließlich erreicht man mit Kindern und Jugendlichen laut aktuellen Zahlen rund 40 Prozent aller Nutzer im öffentlichen Nahverkehr. Und: Wer früh einsteigt, der bleibt – so zumindest die Hoffnung. Entsprechend positiv fallen die Meinungen in der Debatte aus. Sie reichen vom „großen Mehrwert für alle jungen Menschen im Land“ (Armin Elbl, Freie Wähler) über einen „zentralen Baustein der Verkehrswende (Margarete Schick-Häberle, Grüne) bis zum „wichtigen Beitrag zum Klimaschutz (Landrat Heinz Eininger, CDU). Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Medla hat die Tarifstruktur vor allem eine soziale Komponente. „Mobilität muss für alle bezahlbar sein“, gibt er zu bedenken. Das Jugendticket dürfe daher nur ein erster Schritt auf dem Weg zum verbilligten Jahresticket für alle sein.

Das neue Angebot soll vom 1. März an bis 2025 zunächst als Förderprojekt laufen und anschließend nochmals überprüft werden. Erst ab 2026 will es die Landesregierung im Gesetz verankern. Bis dahin erwarte man eine verbindliche Aussage zur dauerhaften Kos­tenteilung, schickt Landrat Heinz Eininger schon mal voraus. Noch haben nicht alle Partner im Tarifverbund der Neuerung zugestimmt. Eine Einigung gilt jedoch als Formsache.