Ohne Ersatzbauten und den Abriss von Gebäudeteilen ist eine Modernisierung nicht möglich
112 Millionen Euro fließen in Ruiter Klinik

Vor drei Jahren wurde das Ruiter Kreiskrankenhaus von manchen schon zum Verlierer einer Fusion mit dem Klinikum Esslingen abgestempelt. Die Fusion ist vom Kartellamt untersagt worden. Die Klinikleitung bereitet nun eine grundlegende Sanierung des 1969 eingeweihten Krankenhauses vor. Auf 112 Millionen Euro werden die Kosten der auf acht Jahre angelegten Modernisierung geschätzt.

Ostfildern. Als heimelig, fast familiär empfinden Patienten und Personal das Paracelsus-Krankenhaus Ruit, das draußen am Waldrand steht. Im alten Haus arbeiten einige junge Chefärzte, die regelmäßig im „Focus“-Ranking oben stehen. Das sind zwei Gründe, warum Ruit in den letzten drei Jahren 15 Prozent Patienten dazugewonnen hat. Wobei Geschäftsführer Thomas Kräh zugeben muss, dass man vorher in ein Tal gerutscht war. Die Gebäude seien nicht vernachlässigt worden, betont Kräh, sondern Jahr für Jahr stecke man fünf Prozent des Umsatzerlöses in die Instandhaltung.

Aber es ist ein Haus der langen Wege. Der Haupt-OP mit vier Sälen im Altbau und drei OP-Räume im Anbau, der vor fünf Jahren eingeweiht worden ist. Radiologie und Strahlentherapie sind auf drei Stockwerke verteilt. „Das Haus funktioniert, weil die Teams auch schon seit 30 Jahren zusammenarbeiten“, sagt Christian Herdeg, der Ärztliche Direktor. Aber er sammle jeden Tag Patienten auf und bringe sie an den richtigen Ort.

Medizinisch und finanziell betrachtet sind lange Wege weniger sinnvoll. „Wir wollen ein Haus aus den 60er-Jahren ins 21. Jahrhundert hinüberführen“, sagt Thomas Kräh. Kurze Wege und optimale Arbeitsabläufe, das ist ein Hauptziel, das Kräh in Ruit verfolgt. Der Mann, der vor gut drei Jahren von einem privaten Klinikträger gekommen ist, hat dies schon an etlichen Krankenhäusern umgesetzt. Ruit soll künftig nur noch einen OP-Trakt haben, in den ein Vorbereitungs- und ein Aufwachraum integriert sind. Weil im Anbau schon hochmoderne OP-Säle liegen, soll der neue Operations-Saal hier angedockt werden, so viel steht schon fest, obwohl noch kein Architektenentwurf vorliegt.

Den Anbau, der im November 2011 mit einer Privatklinik eröffnet worden ist, die bald als unrentabel wieder dicht gemacht hat, sehen Kräh und Herdeg keineswegs als Fehlinvestition. Die neue zentrale Notaufnahme habe zu den steigenden Aufnahmezahlen beigetragen. Und die interdisziplinäre Station für Intensivmedizin werde in unabhängigen Gutachten gelobt, betont Herdeg. Der Chefkardiologe sieht die interdisziplinäre Kooperation als Zukunft des Krankenhauswesens: „Man wird nicht mehr in Chefarzt-Bereichen denken.“ Die Intensivstation im Altbau steht übrigens seit fünf Jahren leer.

Ärzte und Pflegepersonal wirken an der Vorbereitung des Umbaus mit. Bei der Modernisierung werde man sich auch der „hygienischen Herausforderung“ stellen, sagt Herdeg. Zum Teil gibt es in Ruit noch Dreibettzimmer, die sich eine Nasszelle mit dem Nachbarzimmer teilen.

Das Krankenhaus wird bei laufendem Betrieb saniert. Das bedeutet, dass zunächst Ersatzbauten notwendig sind, um dann etappenweise umzuziehen. Klinikleiter Krupp kann sich vorstellen, dass die Wiese zwischen altem Hubschrauberlandeplatz und dem Klinik-Restaurant für den Neubau genutzt wird. Noch sei aber offen, ob einer der Bettenflügel abgebrochen werde. Die für Ruit typische Sägezahn-Fassade werde man aus energetischen Gründen nicht erhalten. Mit dem Sozialministerium in Stuttgart stimmt die Klinikleitung derzeit das Raum- und Funktionsprogramm ab, 17 500 Quadratmeter förderfähige Fläche sind angedacht. Parallel dazu sind Architekten aufgefordert worden, aus der Machbarkeitsstudie konkrete Vorschläge zu erarbeiten. Im April oder Mai sollen die Pläne vorliegen. Dann kann der Förderantrag ans Land gestellt werden. Die Summe von 112 Millionen Euro ist mithilfe einer Datenbank von anderen Klinik-Umbauten errechnet worden.

Das Land fördert Klinikbauten seit Jahren nur mit etwa 50 Prozent. Das wird von vielen Seiten als unzureichend kritisiert. Egal, wie hoch die Förderung ausfällt, den Rest müssen die Kreiskliniken selbst aufbringen. Alte Kredite hat der Landkreis seinen Kliniken abgenommen. Kräh zweifelt nicht daran, dass die Kreiskliniken Zins und Tilgung nun selbst erwirtschaften. Zumal nach der Sanierung zunächst die Instandhaltung wegfällt und künftig deutlich weniger Energiekosten anfallen. Dennoch betont Kräh: „Wir fordern die Verantwortung des Landes ein – für ein Haus mit 16 000 stationären und 50 000 ambulanten Patienten in einer Wachstumsregion.“ Der Baubeginn ist für Ende 2017 geplant.