Sylvia Mehlbeer aus Adelberg hatte besonders in der Anfangszeit ihres Leidens so ziemlich alle Kliniken in der näheren Umgebung durch. Dabei hatte sie nie unter Nierenschmerzen leiden müssen, zu schaffen machten ihr die Gelenkschmerzen, die typisch für ihre Grunderkrankung waren. In der Uniklinik Tübingen wurde sie „durchtherapiert“, man wechselte alle sechs Wochen die Medikation, weil man damals noch nicht wusste, was dahintersteckt, sagt die 69-Jähige.
Mit Anfang zwanzig wog sie 36 Kilo und wusste, dass ihre Krankheit binnen weniger Jahre zum Tode führen kann, erzählt sie. „Man hat mich in den Hörsaal geschoben, um mich vorzustellen, ich war ein Phänomen. Die Nieren sind kaputt, aber was ist die Ursache?“ Irgendwann hatte ihre Krankheit einen Namen: Lupus erythematodes (SLE), eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung. „Und der Wolf, also Lupus, zerfrisst die inneren Organe oder erscheint äußerlich als Hautkrankheit.“
Ihren Job in einer Krankenkasse konnte sie schon lange nicht mehr machen. „Ich hing dreimal die Woche für je zwölf Stunden an der Dialyse“, berichtet Sylvia Mehlbeer und musste anfangs von Bad Boll nach Stuttgart fahren, weil dies in Göppingen noch nicht möglich war. „Das war eine schwere Zeit, manche sah man dabei sterben.“ Irgendwann kam sie in ein Dialysezentrum nach Esslingen, von dort aus setzte man sie in Heidelberg auf die Transplantationsliste.
Mit den Jahren an der Dialyse ging es ihr besser, inzwischen hatte sie es nach Berlin verschlagen. Und dann kam der Anruf aus Heidelberg, dass eine Niere da sei, sie solle kommen. Doch Sylvia Mehlbeer lehnte ab. Weil es ihr gut ging und sie just an diesem Tag in der größten Töpferei in Berlin ihren Traum einer dortigen Lehre nicht aufs Spiel setzen wollte. Und aus Angst vor dem Unbekannten: „Diese Operation gab es kaum.“
Doch die Frau am Telefon sagte ihr, sie solle sich das gut überlegen. Sie bekomme eine „Full-house-Niere“ - das Besondere daran: Alle Gewebetypisierungen stimmten überein und das komme sehr selten vor. Schließlich wurde die Niere nach Berlin geschickt. Dann ging alles ganz schnell. „Meine Nierentransplantation war am 17. Oktober 1979 im Klinikum Steglitz, ich bekam die linke Niere eines Unfallopfers, man bekommt immer nur ein Organ“, verrät die Adelbergerin. Die Operation dauerte sechs Stunden und verlief gut. Die Probleme kamen später. „Das Schlimme war, man wurde danach als Patient psychisch ziemlich alleine gelassen, da gab es keine soziale Unterstützung in irgendeiner Form.“ Der Gedanke, dass sie nur weiterleben kann, weil ein anderer Mensch gestorben ist, muss verarbeitet werden - eine große Stütze war ihr damaliger Partner.
Man hat bei ihr das Gefühl, dass ihre „über 40 Jahre geschenktes Leben“ für sie noch immer ein Wunder sind. „Man darf den Mut nicht verlieren und muss dran glauben, dass es gutgehen kann“, verspürt sie auch eine tiefe Dankbarkeit gegenüber allen Spendern.
Aortenklappe war zerfetzt
Ende Januar 1965, kaum auf der Welt, tickte schon eine Bombe in Gabrieles Körper: Es bestand eine Anomalie des Herzens mit einer bikuspiden Herzklappe. Im Jahr 2021, 56 Jahre später, schlägt in Gabriele Evers-Wissts Brust immer noch ihr eigenes Herz - für ihren Mann, ihre drei Kinder, ihre Kunst und ihre Liebe zum Leben. Es war um die Jahrtausendwende, als es der Göppinger Künstlerin aufgrund einer Sepsis immer schlechter ging. „Meine in Fetzen liegende Aortenklappe war vereitert, im Herzen wüteten Abszesse - ich habe kaum noch Luft bekommen“, schildert sie. Ihr Krankheitsbild verschlechterte sich zusehends, nicht nur eine Lungenentzündung, sondern auch die Blutwerte von Leber- und Niere waren total erhöht, sie erzählt: „Ich war damals todkrank und lag auf der Intensivstation.“
Bis heute habe sie die „liebevolle und wärmende Betreuung von Schwester Simone in der Klinik am Eichert“ nicht vergessen. Nach verschiedenen Krankenhausaufenthalten wurde Gabriele Evers-Wisst schließlich im Klinikum Stuttgart am 2. November 2015 eine Aortenklappe eingepflanzt - „mein zweiter Geburtstag.“ Die meisten dieser biologischen Herz-Klappenprothesen bestehen entweder aus Aortenklappen von Schweinen oder aus Herzbeutelgewebe von Rindern. In seltenen Fällen verwendet der Chirurg auch Herzklappen von toten Spendern oder versetzt eine körpereigene Herzklappe. „Seitdem geht es mir gut. Ich darf jeden Tag leben und dafür verspüre ich tiefste Dankbarkeit“, versichert Gabriele Evers-Wisst, die nichts von ihrem Optimismus und ihrer Fröhlichkeit verloren hat.