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42 Hektar stehen für die Zukunft bereit

Zukunft Auf dem Dettinger Hungerberg soll ein großes, interkommunales Gewerbegebiet für Firmen mit zukunftsweisenden Technologien entstehen. Der Gemeinderat hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Von Iris Häfner

Das war eine knappe Entscheidung mit weitreichenden Folgen: Nach knapp zweieinhalb Stunden Meinungsaustausch, Standpunkterläuterungen und Belehrungen entschied sich der Dettinger Gemeinderat bei acht Ja und sieben Neinstimmen für den Vorschlag der Verwaltung, auf dem Hungerberg eine 42 Hektar große Fläche für ein Gewerbegebiet in den Flächennutzungsplan aufzunehmen. Dieses Gebiet soll interkommunal genutzt werden, neben Dettingen sollen auch Kirchheim und Notzingen davon partizipieren - die drei Kommunen bilden eine Verwaltungsgemeinschaft. Das heißt: Statt drei einzeln erschlossenen Gewerbegebieten mit entsprechender Infrastruktur gibt es ein großes für alle zusammen, das dazu noch verkehrsgünstig an der A 8, B 465 und der Teckbahn liegt. Die Region Stuttgart hat ein Auge auf diese lukrative Fläche geworfen - allerdings mit der Maßgabe, dass nur Firmen mit zukunftsträchtigen Technologien mit diesem Sahnestück liebäugeln dürfen.

Die Kehrseite der Medaille: Ackerland verschwindet hektarweise ersatzlos für immer. Der Klimadiskussion zum Trotz wird weiter Fläche versiegelt. Aus Sicht der Befürworter ist das jedoch notwendig, denn es wird ja in „gute“ Technologie und somit auch Arbeitsplätze investiert. Zum Zuge kommen nur Firmen oder Konzerne, die alternative Systeme beziehungsweise Technologien - Stichwort Elektromobilität oder Wasserstoff-Nutzung in Automobilen oder Gebäuden - auf den Markt bringen wollen. Aus Sicht von Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann ist eine Übergangsphase erforderlich, die parallel Flächen beansprucht. Neben den alten Werkshallen, in denen (noch) produziert wird, brauche es neue Standorte, an denen für die Zukunft geforscht, entwickelt und gefertigt wird.

Der Hungerberg ist zwar vom Namen her den wenigsten ein Begriff, seine Verortung jedoch denkbar einfach: Die ICE-Tunnelbaustelle direkt neben der Autobahn auf Höhe des Kirchheimer Gewerbegebiets Bohnau liegt genau in diesem Gebiet. Von dort geht es dann nach Süden weiter in Richtung Teck. Etwa sechs Hektar einstmals landwirtschaftlich genutztes Land ist vorübergehend Bahn-Baustelle. Ob der zwischengelagerte Humus jemals wieder auf dem Hungerberg ausgebreitet wird, ist mit der Gemeinderatsentscheidung fraglich geworden.

Das verwaltungstechnische Vorgehen irritierte viele Gemeinderäte. Sie hatten Sorge, mit dieser Entscheidung ein endgültiges Urteil über eine solch riesige Fläche zu fällen - und auch das Heft aus der Hand zu geben, weil Kirchheim und Notzingen mit im Boot sind. Ein klares Ja oder Nein als Antwort dazu gab es von Rainer Haußmann nicht: Das Ganze ist ein demokratisches Verfahren; die Neufassung des Flächennutzungsplan nur ein allererster Schritt, um alles Weitere in die Wege leiten zu können. Es folgen Gespräche mit den Eigentümern, ob etwa Dettingen landwirtschaftliche Ersatzflächen zur Verfügung stellt, wo auch immer diese liegen sollen oder ob es überhaupt einen Betriebsnachfolger gibt. Auch die Bürger sollen befragt werden. Dann kommt das Anhörungsverfahren mit Beteiligung sämtlicher Behörden und Träger öffentlicher Belange, beispielsweise Naturschutzverbänden, ehe nach etwa zwei Jahren das Regierungspräsidium das Ganze genehmigt oder nicht. Geht der Daumen nach oben, gilt der Flächennutzungsplan bis 2035, bis dahin können die 42 Hektar komplett bebaut werden - müssen aber nicht. „Es ist eine Option für die nachfolgende Generation. Bringen wir nur 15 Hektar ins Rennen und ein Bewerber benötigt 21, geht er woanders hin. Über einen Dettinger Bebauungsplan kann der Dettinger Gemeinderat entscheiden, wie das Gebiet bebaut und ausgestaltet werden soll“, erklärte Rainer Haußmann.