Wieviel Ehrenamt passt in ein Menschenleben? Unermesslich viel, zumindest beweist das der Blick auf die Vita von Thomas Auerbach. Der 60-jährige Kirchheimer engagiert sich seit sage und schreibe 45 Jahren ehrenamtlich in den verschiedensten Bereichen. Den Titel „Mr. Ehrenamt“ habe er dennoch nicht verdient, meint er bescheiden, und ist sicher: „Da gibt es viele, die noch mehr machen.“ – Mag sein, aber die meisten machen weniger.
„Der Anstoß zum Ehrenamt sollte idealerweise bereits in der Familie erfolgen“, meint Auerbach. Er selbst kam auf dem üblichen Weg dazu: über den Sport.
dem Gang des Lebens gefolgt.
Als aktiver Schwimmer übernahm er in seiner damaligen Heimat, dem Odenwald, im Alter von 16 Jahren seinen ersten Trainerjob. Er trat damit in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters, die sich beide für die Gesellschaft engagierten. Gemeinsam mit dem Vater gründete er einen Jugendtreffpunkt in einer 8000-Einwohner-Gemeinde Reinheim und war damit seiner Zeit weit voraus.
Diese Erfahrung machte auch Thomas Auerbach wiederholt, beispielsweise in seiner Rolle als Vorsitzender des Gesamtelternbeirats in Kirchheim. Damals war unter seiner Führung auf Elternebene ein Schulentwicklungskonzept erarbeitet worden mit zwei flexibel erweiterbaren Standorten in Kirchheim. Das Konzept verschwand in der Schublade. Auerbach nimmt das gelassen: „Das ist gelebte Demokratie: Man setzt sich nicht immer durch.“
Dennoch war der Motor für sein ehrenamtliches Engagement immer das Bestreben, etwas gestalten und Neues etablieren zu wollen. Auf verschiedenen Jugendleiter-Tätigkeiten in Hessen folgte der Umzug nach Kirchheim. Auerbach, der damals in einer Band spielte, brachte sich in seiner neuen Heimat zunächst im kulturellen Bereich ein, vor allem im Rock-Jazz-Blues-Förderverein. Als er 1994 Vater wurde, erfolgte der Einstieg in kinderbezogene Ehrenämter, vom Klassenelternvertreter in der Grundschule bis zum Gesamtelternbeirat. – Besser kann man eine Stadt, in der man nicht aufgewachsen ist, nicht kennenlernen.
Kein Wunder also, dass der Hesse, der mittlerweile CDU-Mitglied war, für den Gemeinderat kandidierte, dem er dann von 2014 bis 2019 angehörte. Seine Vision war damals eine Großveranstaltungshalle mit Hotel und Hallenbad am Bahnhof, gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Daraus ist bekanntlich nichts geworden. „Das ist im Ehrenamt wie im Leben, es gibt Lust und Frust.“, bilanziert er ohne Bitterkeit.
Natürlich überwiegt die Lust. „Ehrenamt ist enorm breit angelegt und darf oder soll auch Spaß machen“, meint er und erinnert sich an Leiterpositionen auf Jugendfreizeiten, die fast Urlauben gleich kamen. „Der Mensch ist schließlich ein Gemeinschaftswesen und kein Einzelgänger“, ist er überzeugt und wirbt für persönliches Engagement in einer Gesellschaft, in der das Nehmen immer wichtiger zu werden scheint als das Geben. Er bedauert sehr, dass viele Menschen gar nicht erst die beglückende Erfahrung machen, wieviel einem das Ehrenamt gibt. Immer weniger engagieren sich, immer mehr Ämter verteilen sich auf einige wenige.
Auerbach ist der festen Überzeugung, dass die Begeisterung, der Gesellschaft freiwillig etwas zurückzugeben, am besten in der Kindheit beginnen und in der Schule gezielt gefördert werden sollte. Ein verpflichtender Zivil- oder Bürgerdienst für alle könnte eine entscheidende Weichenstellung bewirken. Ansätze dafür, Erwachsenen das Ehrenamt schmackhaft zu machen, sieht er nicht in erster Linie beim Thema Geld. Vielmehr könne man Wertschätzung ausdrücken durch Freistellung, um beispielsweise Übungsleiterlehrgänge zu absolvieren. Interessant ist auch der Denkansatz, durch ehrenamtliche Tätigkeit Rentenpunkte erwirtschaften zu können.
Generell ist dem passionierten Ehrenämtler wichtig, dass keineswegs immer dauerhaftes Engagement gefordert ist. Auch der einmalige Einsatz für ein einzelnes Event kann viel bewirken und über das Zustandekommen einer Veranstaltung entscheiden.
Auerbach weist auch auf einen Widerspruch hin: Der politisch aktuelle Wunsch nach mehr Bürgerbeteiligung stehe im Gegensatz zu der Tatsache, dass die gegebenen Möglichkeiten, eben auch im Ehrenamt, nicht ausreichend wahrgenommen würden. In seinem wichtigsten gesundheitspolitischen Ehrenamt hat der Kirchheimer diese Gestaltungsmöglichkeiten für die Bürgerschaft stark gespürt: Von 2009 bis 2023 hat er sich in den Selbstverwaltungsgremien der gesetzlichen Krankenkassen in Berlin eingesetzt, zunächst nur bei der Barmer, später auch als stellvertretender Vorsitzender im Verband der Ersatzkassen und im Verwaltungsrat des Spitzenverbandes aller gesetzlichen Kassen. Dieser entscheidet über einen Haushalt von sage und schreibe mehr als 300 Milliarden Euro jährlich.
Jetzt zieht sich der 60-Jährige, der hauptberuflich Bürgermeister im Wahlkampf und im Amt begleitet und politische Prozesse moderiert, aus dem Ehrenamt zurück. – In einem Alter, in dem andere einsteigen. „Ich habe immer Ehrenämter ausgeübt, die zu meinem jeweiligen Lebensabschnitt gehörten“, betont er. Jetzt sei auch mal Zeit für andere Dinge, meint er mit Blick auf das Wohnmobil vor der Haustür. Er wolle anderen Platz machen. Das klappt innerfamiliär schon ganz gut: Das größte Highlight für Thomas Auerbach ist die Tatsache, dass sich beide Söhne als Trainer in sportlichen Ehrenämtern engagieren: „So schließt sich der Kreis.“
Thomas Auerbach und seine Ämter
Privates: Thomas Auerbach stammt aus Darmstadt und wuchs im Odenwald auf. Nach dem Abitur im Jahr 1982 machte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann und bildete sich zum geprüften Wirtschaftsassistenten der Industrie weiter. Nach Kirchheim kam er im Jahr 1990. Er ist mit Christina Auerbach verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Durch sie stieg er intensiv in die Elternarbeit an mehreren Kirchheimer Schulen ein und war auch Vorsitzender des Gesamtelternbeirats.
Berufliches: In den 90er Jahren arbeitete Thomas Auerbach als selbständiger Dozent im Bereich EDV, BWL, Webdesign und Bewerbungstraining, ehe er als Bereichsleiter Schulung und Internet zu einer Kirchheimer Firma kam. Seit 2003 betreibt er die Kommunikationsagentur echt-gut! mit Schwerpunkt Wahlen, Kommunalberatung und Werbung. Zudem übernimmt er die Pressearbeit für Politiker und Organisationen
Ehrenämter: Seit 2007 ist Auerbach im Landesvorstand der kommunalpolitischen Vereinigung. Für die CDU war er seit 2008 im Kreisverband und 2014 bis 2019 als Stadtrat aktiv. Bis 2023 bekleidete er diverse Ämter im Gesundheitswesen, zuletzt als Mitglied des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes. Im Sport hatte er verschiedene Ämter als Betreuer und Trainer inne und macht heute noch Pressearbeit für die Regionalliga-Basketballer des VfL Kirchheim. ist