Weilheim. Die schlechte Nachricht sickerte schon im Sommer durch. Christl Heilemann schließt zum Ende des Jahres ihr Café-Restaurant „Christl“ in Weilheim. Die gute Nachricht folgte jetzt. Im traditionsreichen Weiss’schen Haus in der Marktstraße 3 geht es gastronomisch weiter: Conny und Marco Sieme aus Hepsisau eröffnen dort voraussichtlich am 27. März ihre „Brasserie am Markt“. Damit wird Weilheims kleine Gastromeile im Herzen des Städtles noch ein wenig internationaler.
„Wir wollen eine Speisekarte mit deutsch-französischem Touch und leichter Kost anbieten“, verrät Conny Sieme, Geschäftsführerin der künftigen Brasserie. Galettes und Crêpes, aber auch Coq au Vin oder Bouillabaisse könnten auf der Speisekarte stehen. „Ich habe zuletzt öfter diese tollen Salat-Bowls gegessen. So etwas möchten wir auch zubereiten – ganz besonders für unsere weiblichen Gäste“, sagt die 52-Jährige.
Regionale Waren
So französisch die Einflüsse, so lokal sollen die Produkte sein. „Es ist uns sehr wichtig, regionale Waren von regionalen Lieferanten zu verarbeiten, ob es nun um Fleisch, Gemüse, Obst oder Getränke geht“, sagt sie. Zum Zug kommen sollen übrigens auch alle, die mit Fleisch nichts am Hut haben. „Wir wollen vegetarische und vegane Gerichte auf die Karte nehmen“, verspricht Conny Sieme.
Ganz klar ist: Neben Frühstück, Mittag- und Abendessen wird auch Wein in dem künftigen Café-Restaurant mit Vinothek wieder eine große Rolle spielen. Verpächter sind Annalise Mack und ihr Mann Christoph Mack, Vorstandsvorsitzender des Owener Weinhandelshauses Mack und Schühle. „Wir können uns schöne gemeinsame Konzepte mit dem Unternehmen vorstellen“, sagt Conny Sieme, zum Beispiel Weinproben oder ähnliche Events.
Apropos: Wenn es nach den künftigen Brasserie-Betreibern geht, soll es in der Marktstraße 3 regelmäßig Veranstaltungen geben. „Die verschiedenen Räume bieten sich dafür geradezu an“, sagt Conny Sieme. „Wir wollen ihnen Leben einhauchen.“ Im Erdgeschoss befinden sich drei Gasträume, im Keller zwei weitere. Inklusive Außenbereich bietet das Restaurant bis zu 150 Plätze.
Lesungen und Live-Musik
Conny Sieme liebäugelt mit Lesungen, Live-Musik, Vorträgen und auch mal Interviews. Schließlich ist die Show- und Veranstaltungsbranche ihr Ding. Unter anderem hat sie in Hepsisau den Verein Teck Fitness & Show gegründet und in dem Weilheimer Ortsteil, aber auch in Jesingen, zahlreiche Musicals, Gala- und Silvesterevents organisiert. Seit 28 Jahren arbeitet die Wahl-Hepsisauerin zudem in der Tourismusbranche und gehört seit fünf Jahren zur Crew des Reiseveranstalters Phoenix. An Kontakten mangelt es Conny Sieme nicht: „Ich habe Künstler von den Kreuzfahrtschiffen an der Hand und sogar gute Chancen, Kapitän Morten Hansen aus der ARD-Doku ,Verrückt nach Meer‘ nach Weilheim zu holen“, sagt sie.
Branchen-Neulinge sind Conny Sieme und ihr Mann ebenfalls nicht: „Wir sind beide in der Gastronomie aufgewachsen, haben lange dort gearbeitet und suchen schon seit Jahren nach einem geeigneten Platz, um ein Restaurant zu eröffnen.“ Das bisherige „Christl“ sei ideal. „Wir fühlen uns hier in der Gegend sehr wohl und wollen nicht mehr weg.“ Nun freut sich das Ehepaar, das zwei erwachsene Kinder hat, auf die neue, gemeinsame Herausforderung. „Wir haben früher schon bei TUI als Destination Manager zusammengearbeitet“, erzählt Conny Sieme, deren Mann aktuell als Betriebswirt in der IT-Branche arbeitet. „Wir finden es toll, jetzt wieder ein Projekt als Ehepaar anzugehen.“ Davor, dass sie Fernweh bekommt und nicht weg kann, fürchtet sich Conny Sieme nicht. „Ich habe mit meinem Mann vereinbart, dass ich zwischendurch immer wieder aufs Schiff darf und er solange die Stellung hält.“
Bis die Brasserie kurz vor Ostern an den Start gehen kann, haben die Siemes noch einiges zu tun: Personal casten, Lieferanten finden und die Karte ausarbeiten. „Viele haben gefragt, warum wir gerade in Corona-Zeiten ein Restaurant eröffnen wollen“, erzählt die angehende Gastronomin. Für sie gelte aber die Devise: Jetzt erst recht. „Wir schauen nach vorne, geben die Hoffnung nicht auf und setzen ein Zeichen – für die Bürger und für die Gastronomie.“
Letztere hat in der Marktstraße ohnehin einen hohen Stellenwert. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich das italienische „Casanova“ und das „Burgmann’s“ mit Crossover-Küche.
Das denkmalgeschützte Haus war einst eine Bank
Das Weiss’sche Haus in der Weilheimer Marktstraße 3 stammt aus dem Jahr 1749. Es beherbergte erst eine Privatbank, später ein Zigarrengeschäft und eine Spirituosenhandlung. 2016 zog mit dem „Christl“ dann erstmals ein Gastronomiebetrieb ein.
Erbaut wurde das Haus vom Stadtschreiber und späteren Amtmann Heinrich Conrad Finner. 1857 wurden Kaufmann Wilhelm Weiss und seine Frau Friederike neue Besitzer und gründeten in dem Gebäude die erste Weilheimer Privatbank. 1896 baute Weiss’ Sohn Friedrich Wilhelm das Gebäude um und stattete es mit einem Erker und kleinen Türmchen aus. Er eröffnete dort ein Zigarrengeschäft und führte zunächst die Bank weiter. Später kam zum Zigarrengeschäft eine Spirituosenhandlung dazu.
Anfang 2012 erwarben Annalise Mack und ihr Mann Christoph Mack, Vorstandsvorsitzender des Owener Weinhandelshauses Mack und Schühle, das denkmalgeschützte Ensemble Marktstraße 3 und 3/1 mit der die ehemaligen Scheune. Gemeinsam mit Architekt Marc Bader aus Owen wurde das Gebäude bis Ende 2015 in ein Energieeffizienzhaus mit Wohnungen in den oberen Stockwerken, einem Aufzug sowie Gastronomie und Laden im Erdgeschoss umgebaut. bil