Da staunte Aichtals Bürgermeister Sebastian Kurz nicht schlecht, als er am Montag im heimischen Neckartailfingen die Post aus dem Briefkasten fischte. „Ein Brief war von der Welt-Gruppe. Ich dachte zuerst, es wäre Werbung“. Doch statt Reklame befand sich eine Einladung in eine Fernsehsendung in dem Briefumschlag. „Eine Einladung in eine Live-Sendung, die in Berlin aufgezeichnet wird“, wundert sich Kurz und glaubt zunächst an eine Fälschung oder einen schlechten Scherz. Doch der Brief, der von Welt-Chefredakteur Jan Philipp Burgard handschriftlich an den „lieben Sebastian“ gerichtet und persönlich unterschrieben ist, wirkt echt.
Immerhin: Themen aus Aichtal wie die anstehende Sanierung der Aichtalbrücke schlagen immer wieder hohe Wellen, doch reicht das tatsächlich für eine Live-Sendung mit fünf Millionen Zuschauern?
Natürlich handelte es sich bei der Einladung um ein Versehen. Wieder einmal wurde Aichtals Bürgermeister mit seinem Namensvetter, dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler, Sebastian Kurz, verwechselt. Warum die Verantwortlichen der Welt-Gruppe allerdings glauben, dass der Kanzler a. D. mittlerweile in Neckartailfingen wohnt, bleibt ein Rätsel.
Zahlreiche skurrile Situationen
Es ist nicht das erste Mal, dass Aichtals Rathauschef mit dem Politiker aus Österreich verwechselt wird. Neben dem Namen gibt es noch andere Gemeinsamkeiten: beide sind Jahrgang 1986, beide sind früh in die Politik gegangen. „Verwechslungen sind auch in der Vergangenheit vorgekommen“, sagt Kurz aus Aichtal. Auch heute noch erhalte er über die sozialen Medien Nachrichten, die eigentlich für den österreichischen Politiker gedacht sind – manche davon nett, andere weniger. „Gegen Ende seiner Amtszeit waren sie weniger nett“, sagt Kurz.

Manchmal sei die Namensgleichheit sogar ganz praktisch, erinnert sich Kurz. Etwa bei einem Einsatz im Jahr 2021, als er gemeinsam mit anderen Rettungskräften einen Hilfskonvoi ins Erdbebengebiet nach Kroatien begleitete und in Österreich eine Mautbefreiung benötigte. „Dank des bekannten Namens bin ich ziemlich leicht an die Nummer des zuständigen Ministerialdirektors gekommen“, erzählt Kurz. Als er beim österreichischen Gemeindebund auf der Gästeliste stand, sei bei den anderen Gästen die Erwartung groß gewesen, dass tatsächlich der österreichische Kanzler erscheine. Stattdessen kam der Bürgermeister einer schwäbischen Kleinstadt – „aber daraus sind viele Freundschaften entstanden“, sagt Kurz lächelnd.
Kurz nimmt Einladung an
Eine Einladung in eine Fernsehsendung habe es bislang aber noch nicht gegeben. Aichtals Bürgermeister antwortete dem Welt-Chefredakteur prompt – und nahm die Einladung mit einem Augenzwinkern an: „Und wer weiß – vielleicht lässt sich ja sogar mein österreichischer Namensvetter für dieselbe Sendung gewinnen.“ Schließlich könne man zwischen Rathausrealität und Weltpolitik auf angenehme Weise Brücken schlagen.
Über die Zeilen des Welt-Chefredakteurs habe er sich aufrichtig gefreut. „Und vielleicht war diese Post ja gar kein Irrtum, sondern ein charmantes Zeichen dafür, dass bodenständige Kommunalpolitik manchmal weiter wirkt, als man denkt“, so Kurz in seiner Antwort.

