Zwischen Neckar und Alb
Alle Buslinien sind jetzt in einer Hand

ÖPNV Ab Januar fährt der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) ohne Partner. Zudem will das Unternehmen seine Elektrohybrid-Flotte weiter ausbauen und bis 2024 nur noch elektromobil unterwegs sein. Von Claudia Bitzer

Seit gestern bedient der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) alle Buslinien im innerstädtischen Netz. Zum 1. Januar hat der SVE auch die 37 Prozent übernommen, für die die mittlerweile insolvente Firma Rexer seit 2018 verantwortlich war. Mehr noch: Esslingen steuert in den kommenden drei Jahren als mutmaßlich erste Stadt in ganz Deutschland auf einen komplett elektromobilen Busverkehr zu. Bis zum Jahr 2024 will der SVE alle Dieselfahrzeuge ausrangieren und nur noch batterieergänzte Oberleitungsbusse, also Elektrohybridbusse, einsetzen.

Von diesen Veränderungen werden die Fahrgäste freilich nichts merken. Das sagt jedenfalls Johannes Müller, der technische Werkleiter des Verkehrsbetriebs. Grund zur Freude haben die rund 40 Rexer-Fahrer, die vom 1. Januar an auf der Gehaltsliste des SVE stehen, schließlich werden sie nach kommunalem Tarif besser bezahlt als bei privaten Busfirmen. Für die Stadt bedeutet die Übernahme jährliche Mehrkosten von rund 300 000 Euro, die über den Etat für das Stadtticket gedeckt werden sollen.

Geräuschloser Übergang

Der SVE hat alles darangesetzt, den Übergang geräuschlos zu gestalten: Die 25 Busse, mit denen Rexer in Esslingen noch gefahren ist, hatte der Verkehrsbetrieb der Bank schon im Sommer abgekauft. Als die Linienbündel 2017/18 erstmals europaweit ausgeschrieben werden mussten, gab es schon im Vorfeld Turbulenzen. Richtig laut wurde der Aufschrei, als die Calwer Firma Rexer als günstigste Bieterin den Zuschlag bekam, während die alteingesessenen und bewährten Partner Fischle, Schlienz und Schefenacker auf der Strecke blieben. So stand das Engagement der Schwarzwälder in Esslingen von Anfang an unter keinem guten Stern. Hinzu kam, dass die Busfahrer die Routen nicht kannten und zum Teil der deutschen Sprache nicht mächtig waren.

Im Sommer 2019 rollte die Calwer Firma dann auch noch ins Insolvenzverfahren. Knapp ein Jahr später kündigte der Insolvenzverwalter Rexers Rückzug aus Esslingen an, weil die Bank die Fahrzeuge nicht mehr länger finanzieren wollte. Die Stadt übernahm die Flotte und verschaffte sich bis Ende des Jahres noch etwas Luft. Eigentlich hatte der Gemeinderat beschlossen, für die Restlaufzeit des Rexer-Vertrags, also bis 2028, einen neuen privaten Partner zu suchen. Doch dann konnten sich Grüne, SPD und Linke mit ihrem Antrag durchsetzen, nicht neu auszuschreiben, sondern den SVE vom 1. Januar 2021 an alle Linien selbst fahren zu lassen. Damit wollten sie zum einen den Fahrgästen einen weiteren Betreiberwechsel ersparen. Und zum anderen die Chance nutzen, Dieselbusse zügiger als 2017 beschlossen aus dem innerstädtischen Busverkehr auszurangieren und diesen bis 2024 in eine ausschließlich mit Ökostrom betriebene, emissionsfreie Zukunft zu schicken. Das bürgerliche Lager hingegen kritisierte den Ausschluss der Privaten, die Mehrkosten und den Ausbau der Oberleitungstechnologie, mit der man sich wirklichen Innovationen versperre.

Dabei kam es den Antragstellern zugute, dass der Gemeinderat schon 2017 den Ausbau der Oberleitungen beschlossen hatte. Dank der Batterien in den Bussen kann dann die ganze Stadt erschlossen werden. Was den fünf Millionen Euro teuren Netzausbau und den Fuhrpark angeht - immerhin kostet ein Elektrohybridbus rund 930 000 Euro -, rechnet die Stadt mit hohen Zuschüssen vom Bund.