Es waren harte, langwierige Verhandlungen, an deren Anfang 240 Jobs auf der Kippe und die Schließung des Werkzeugbaus zur Debatte standen. Nun sind es etwas mehr als 100 Stellen, die der Autozulieferer Allgaier am Stammsitz in Uhingen abbaut. Mehr als 30 Mitarbeiter haben inzwischen das Angebot der Frühverrentung oder einer Abfindung angenommen und das Unternehmen verlassen. 74 Beschäftigte können zum April dieses Jahres in eine Transfergesellschaft wechseln. Sie soll den Betroffenen in einem Jahr bei der Jobsuche unter die Arme greifen. Wer den Wechsel in die Transfergesellschaft ablehnt, dem droht Ende März die Kündigung.
Die Geschäftsführung hat die Belegschaft am Freitag in einer Betriebsversammlung über die Details der Restrukturierung informiert. Allgaier-Chef Helmar Aßfalg macht deutlich, dass an dem Abbau kein Weg vorbeiführt: „Wenn ein kompletter Geschäftszweig keine Aufträge mehr hat, dann geht das ans Eingemachte.“ Die anhaltend rückläufige Entwicklung des Auftragseingangs im Werkzeugbau habe Allgaier massiv unter Druck gesetzt.
IG Metall und Betriebsrat kämpften jedoch um seinen Erhalt - letztlich mit Erfolg. Im Gegensatz zu Mitbewerbern haben sich die Uhinger entschieden, den Werkzeugbau nicht abzuwickeln, sondern die Kernkompetenzen am Standort zu halten. „Den Werkzeugbau komplett zu schließen, wäre ein Fehler gewesen“, betont auch Aßfalg. 60 Mitarbeiter werden künftig hier tätig sein, bisher waren es 175. Das Werk in Göppingen wird im Zuge des Stellenabbaus überflüssig und geschlossen.
Weitere Jobs sollen in Uhingen vorerst nicht gestrichen werden. Die verbleibenden 1100 Beschäftigten müssen jedoch einen Beitrag zur Konsolidierung des Unternehmens leisten und in den kommenden beiden Jahren auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten. Im Gegenzug können sie unter bestimmten Voraussetzungen für die Geschäftsjahre 2023 und 2024 mit einer Gewinnbeteiligung rechnen.
Unter dem Strich ist der Betriebsratsvorsitzende Stilianos Barembas mit dem Erreichten zufrieden, „vor allem, wenn man überlegt, wo wir herkommen“, sagt er. 240 Stellen waren in Gefahr, der Werkzeugbau drohte, Geschichte zu werden. „Daher sind wir mit dem Gesamtpaket gut unterwegs und können es als Erfolg werten. Auch wenn uns natürlich jeder einzelne Mitarbeiter, der entlassen wird, weh tut“, betont Barembas.
„Das ist ein wichtiger Schritt für den Fortbestand des Unternehmens“, sieht auch Aßfalg die Vereinbarung positiv. Im Herbst vergangenen Jahres, als der Autozulieferer die Hiobsbotschaft verkündete, ging in der Belegschaft auch das Schreckgespenst Insolvenz umher. „Wenn eine Restrukturierung nicht gelingt, dann wäre das die Konsequenz“, stellt Aßfalg fest. Auch jetzt stehe die endgültige Umsetzung des Konzepts noch unter dem Finanzierungsvorbehalt der Banken.
Aßfalg, der seit 2007 Geschäftsführer der Allgaier-Werke ist, blickt nach dieser schwierigen Zeit optimistisch in die Zukunft - auch wenn die Einführung der E-Mobilität die Kunden zwinge, ihr Geschäftsmodell umzubauen und damit die Zulieferer ebenso vor neue Herausforderungen stelle. „Die Frage ist ja: Verkaufen sich E-Autos? Man versucht etwas und weiß gar nicht, ob es angenommen wird“, kritisiert Aßfalg. Und selbst wenn künftig überwiegend E-Autos unterwegs wären, stelle sich die Frage, ob es genügend Batterien für diese Fahrzeuge gäbe.
Ungeachtet dessen sieht der Chefs des Unternehmens, dessen Hauptgesellschafter der frühere Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist, Allgaier gut aufgestellt: „Wir haben relativ gute Auftragsbücher.“ Wenn nicht gerade die Wirtschaft kollabiere, werde der Zulieferer die kommenden drei Jahre wie geplant absolvieren können. „Der Kunde meldet keine Stückzahlen ab, wir haben Stand heute stabile Abrufe“, sagt Aßfalg und fügt hinzu: „Wir merken auch nichts von Corona.“