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Alpakas sind Künstler im Motivieren

Weihnachtsaktion Der Teckbote bittet um Spenden, um die zwei Fördervereine der Verbundschule in Dettingen und der Rohräckerschule in Esslingen unterstützen zu können. Ein Alpaka-Projekt gehört dazu. Von Iris Häfner

Die Begeisterung für ihr Tun ist aus jedem Satz herauszuhören. ­Stefanie Hag­ner lebt für ihre Tiere, ihre Familie – und für all jene, die mit ihren Alpakas genau das gleiche Glücksgefühl empfinden wie sie. Regelmäßig kommt eine Klasse der nahe gelegenen Rohräckerschule in Esslingen zu ihr auf den Hof. Tiergestützte Arbeit nennt sich das offiziell.

Eine Stunde sind die Kinder dann auf der Alpakafarm und genießen den Freiraum sowie die Nähe zu den Tieren. Die Vierbeiner aus den südamerikanischen Anden haben ihre Eigenheiten, die beachtet werden wollen. Ohne Respekt läuft gar nichts, Einfühlungsvermögen ist gefragt, und die Annäherung von Mensch und Tier verlangt Offenheit von beiden Seiten. Sind all diese „Hürden“ geschafft, steht einer vergnüglichen Unterrichtsstunde nichts mehr im Weg.

„Es ist unglaublich, was hier alles schon geschehen ist. In der Schule hat eine Schülerin begonnen, das Laufen zu lernen. Das heißt: Aus dem Rolli raus und dort den Gang auf und ab wandern. Bei den Alpakas steht sie aus dem Rollstuhl auf, weil sie will – und nicht weil sie muss. Sie ist motiviert, und das bedeutet weitaus größere Fortschritte als auf dem Korridor“, sagt Stefanie Hagner, die zusammen mit ihrem Mann Stefan Hagner den Alpaka-Hof betreibt.

Die Tiere trainieren ganz nebenbei viele Dinge. Disziplin gehört beispielsweise dazu. Einfach auf die scheuen Tiere spontan zurennen oder -rollen geht nicht. Das Kind nähert sich artgerecht den begehrten Woll-Lieferanten, doch das muss erst gelernt werden. Ist der Kontakt aufgebaut, läuft das Alpaka problemlos neben dem Kind her, ob mit oder ohne Rollstuhl. „Die Kinder sind auf das Tier konzentriert, alles andere interessiert sie in diesem Moment nicht. Genauso konzentriert gehen sie mit der Futterschüssel um und sind im siebten Himmel, wenn ihnen die Tiere quasi aus der Hand fressen“, sagt Stefanie Hagner.

So wird auch die Merkfähigkeit geübt. In dem Fall ist sie nicht nur theoretischer Art, sondern prägt sich anschaulich und mit mehreren Sinnen gleichzeitig viel besser für die besonderen Kinder ein. Ganz nebenbei werden motorische Fähigkeiten geübt und dazu noch gearbeitet: Heu nachlegen und Köttel aufsammeln mit Schaufel und Eimer, und dann ab zum Misthaufen. Kennen die Kinder den Ablauf, lautet das Motto: „Ihr seid da, legt los.“

 

„Alpakas sind Motivationstrainer. Man nennt sie auch die Delfine des Lands.
Stefanie Hagner
Die Betreiberin der Alpaka-Farm ist überzeugt von der therapeutischen Wirkung ihrer Fell-Genossen.

„Ich habe nur strahlende Gesichter vor mir, wenn die Kinder das schöne weiche, kuschelige Fell anfassen. Sie wissen, an welchen Stellen sie die Alpakas berühren dürfen und wo nicht. Gerade in Corona-Zeiten genießen die Kinder diese Nähe besonders. Die Lebensfreude ist ihnen in solchen Momenten anzusehen“, freut sich Stefanie Hagner.

Kinder, die nicht reden können, haben einen sogenannten „Talker“ als „Sprachausgabe“. Sie lernen spielend neue Wörter wie Heu oder Huf. „Alpakas sind Motivationstrainer. Man nennt sie auch die Delfine des Lands. Das ist artgerecht und funktioniert vor Ort. Das Tier entscheidet, zu welchem Kind es geht – und da kommt es für mich auch immer wieder zu Überraschungen“, ist Stefanie Hagner über manches harmonische Duo selbst erstaunt.

Mit im Boot bei dem Projekt ist Simon Burkhardt, Lehrer am Rohräckerschulzentrum. „Das Projekt passt auf meine Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse ganz gut“, sagt er. Ihre körperliche und motorische Entwicklung werde dank der Alpakas gefördert. „Die Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen, Verbindungen aufzubauen und Ängste zu überwinden“, sagt er. Da Alpakas Fluchttiere sind, hauen sie bei zu spontaner Kontaktaufnahme einfach ab. Das muss registriert, akzeptiert und umgesetzt werden. Um so größer ist das Hochgefühl, wenn die Kinder merken, dass die Tiere sie wahrnehmen und annehmen – und sie selbst vor den Tieren keine Angst haben müssen. „Die Kinder lassen sich auf andere Lebewesen ein und lernen Empathie. Wenn ein Alpaka einen Hubschrauber hört, erschrickt es mitunter, weil es so etwas nicht kennt. Dann müssen die Kinder auf das Tier eingehen, auf den Fluchtreflex achten und entsprechend reagieren“, freut sich der Pädagoge über den lebenspraktischen Unterricht.

Dieses Angebot ist jedoch nur dank Spenden möglich. Damit solche und ähnliche Projekte für die Schülerinnen und Schüler an der Rohräckerschule und der Verbundschule in Dettingen weiterhin Bestand haben können, sammelt die Teckboten-Weihnachtsaktion dafür Spenden.