Auf dem Boot der Feuerwehr erfreuten die Esslinger Alphörner Passanten am Neckarufer mit urigen Klängen. Anlass für die ungewöhnliche Bootstour war ein Filmdreh des SWR, der das Corona-Projekt der Esslinger Eckhart Fischer und Klaus Bindner in der Landesschau präsentierte. „Auf dem Wasser, das war für uns auch mal eine ganz neue Erfahrung“, schwärmte Fischer nach der spektakulären Aktion auf dem Rettungsboot. Viele Fans der Musiker kamen ans Neckarufer beim Tierpark Nymphaea, um den alpinen Klängen zu lauschen.
Dass sie eine treue Fangemeinde haben, das freut Klaus Bindner, der im Paradies in Rüdern lebt. Seine Nachbarn kennen und schätzen seine Sessions mit dem traditionsreichen Instrument seit Langem. Die Esslinger Alphörner, zu denen mehrere Spieler gehören, gibt es in wechselnder Besetzung schon seit 30 Jahren.
Als die Coronakrise begann, setzte Bindner mit dem Musiker Eckhart Fischer dem Frust nicht nur der Kulturschaffenden ein tägliches Musikerlebnis entgegen - und das live und höchst klangvoll. Angefangen hat die Aktion als kleiner kreativer Impuls. „Zur Stärkung der Immunabwehr“, wie Bindner lachend anmerkt. Inzwischen sind die leidenschaftlichen Bläser nicht zuletzt durch ihre Auftritte in der Landesschau weit über die Region hinaus bekannt. Sie sind auch in anderen Städten gern gesehene Gäste - etwa bei Jörg Ilzhöfers Event-Kochschule in Stuttgart. Da bliesen die zwei Esslinger über den Marktplatz der Landeshauptstadt.
Zwar hätte sich Fischer ein schnelleres Ende der Pandemie gewünscht, aber gerade jetzt will er mit Klaus Bindner bei den Zuhörerinnen und Zuhörern ein gutes Lebensgefühl wecken. Denn der Profimusiker denkt auch an seine Kollegen, die wie er nicht unterrichten oder bei Konzerten vor Publikum spielen dürfen. Auch seine Auftritte als Theatermusiker bei der Württembergischen Landesbühne sind weggebrochen.
„Die Künstler sind die Ersten, die nicht mehr auftreten und arbeiten durften“, sagt er mit Blick auf die Corona-Verordnungen. „Und sie werden die Letzten sein, die wieder arbeiten dürfen.“ Auch auf diese schwierige Lage der Kunst wollen die Esslinger Alphörner aufmerksam machen. „Wir brauchen die Livemusik“, ist Klaus Bindner überzeugt. Gerade in Krisenzeiten sei es wichtig, für die Künstler ganz starke Zeichen zu setzen.
Dass die beiden Männer bei ihren Auftritten an wechselnden Orten eine Menge Spaß haben, spürt man schnell. Auf der Katharinenlinde ziehen sie ihr Publikum ebenso in den Bann wie auf dem Esslinger Kirschenbuckel oder beim Eglisenhof in Sulz- gries. „Wo wir spielen, das entscheiden wir meist spontan“, sagt Fischer. Denn gerade jetzt in Corona-Zeiten dürften nicht zu viele Schaulustige kommen, die sich die urwüchsigen Instrumente mal aus der Nähe anschauen wollen. Bei guten Windverhältnissen sind die Alphorn-Klänge bis zu neun Kilometer weit zu hören. Herzerwärmend sind die naturverbundenen Klänge. Eigene Kompositionen haben die Alphörner ebenso im Repertoire wie traditionelle Weisen.
Beim Kameradreh auf dem Wasser machten Fischer und Bindner eine gute Figur. „Das SWR-Team hat das richtig toll durchgezogen“, schwärmte Fischer, nachdem er wieder an Land war. „Mal vom Wasser aus und nicht auf der B 10 im Stau“, lobte Bindner den ungewöhnlichen Ort. Dass die Alphörner aufs Wasser gingen, haben sie mit dem Esslingen Feuerwehrkommandanten Oliver Knörzer ausgetüftelt. „Sie waren ja schon bei uns auf dem Schlauchturm zu Gast.“ Als Fischer und Bindner dann nach einem weiteren ungewöhnlichen Ort für das Kamerateam suchten, kam das Rettungsboot ins Spiel.
Gerade in Corona-Zeiten, in der soziale Distanz den gesellschaftlichen Umgang prägt, findet Klaus Bindner die Begegnungen bei den Pop-up-Konzerten mit den Alp- hörnern besonders schön: „Mit unseren 3,67 Meter langen Instrumenten haben wir den Sicherheitsabstand ja schon verdoppelt.“