Nürtingen. Das Leben Hildegard Ruoffs ist von der Kunst geprägt gewesen. Viele Jahre lang stand die Kunst ihres Mannes Fritz Ruoff im Fokus, die die gelernte Kunsthändlerin zeitlebens gefördert und begleitet hat. Jetzt - nur wenige Tage vor ihrem 100. Geburtstag am 3. Oktober - stehen in den Ausstellungsräumen der Stiftung Ruoff in der Nürtinger Schellingstraße erstmals ihre eigenen Werke im Mittelpunkt.
Eine sehr persönliche Einführung in das vielseitige fotografische Werk Hildegard Ruoffs hielt der Stuttgarter Kunsthistoriker Dr. Tobias Wall bei der Ausstellungseröffnung. „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Dieser oft zitierte Satz aus Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ beschreibe ihren fotografischen Blick treffend: „Es ist ein Blick, der uns nichts vorführt, der nichts besser weiß, obwohl er vieles weiß und vieles gesehen hat. Es ist ein Blick, der zeigt, dass Hildegard Ruoff nicht nur mit dem Auge, sondern immer auch mit dem Herzen sieht. Einem frohen, gelassenen und aufrichtigen Herzen“, so Tobias Wall. Mit ihrem eigenen künstlerischen Talent habe sie sich immer zurückgehalten, wohl wissend, dass sie es besitze.
Schon immer hat Hildegard Ruoff gezeichnet und aquarelliert: Zeichnungen mit floralen Mustern, abstrakten Blumen, die sich mit Architekturen und Figürchen zu zauberhaften Märchenlandschaften verbinden. Fotografiert hat sie schon als Mädchen, richtig dazugekommen ist sie wieder als Erwachsene.
„Ich habe meine Motive nie gesucht“, sagt Hildegard Ruoff. „Sie haben sich wie von selbst eingestellt.“ Ihr geschultes Auge habe hier seinen Teil dazu beigetragen. „Vom Finden“ lautet so der treffende Titel ihrer Ausstellung. Es ist ihr „scharfer und aufmerksamer Blick“, der die ganz unterschiedlichen Alltagsmotive einfängt und fotografisch festhält.
„Sie ist dennoch eine Fotografin ohne Jagdinstinkt, sie ist nicht auf der Suche nach Trophäen“, so Dr. Tobias Wall. Hildegard Ruoff gehe es als Fotografin dagegen nicht um das „Haben“ sondern um das „Sein“, und „sein lassen“. Möglich sei ein solcher Blick aus einer großen Souveränität und Gelassenheit heraus. „Diese Stärke macht sie selbst und ihren Blick frei und unbestechlich.“
Entstanden ist ein Querschnitt durch das - alltägliche - Leben. Das fotografische Repertoire umfasst Genres von der Landschaftsfotografie über Stillleben, Portraits und der freien Dokumentation bis hin zur abstrakten Fotografie. Es gibt Aufnahmen von Spaziergängen auf dem Säer, eine Langzeitdokumentation über einen alten Bienenwagen und abstrakte Motive.
Die Ausstellung ist bis 17. November in der Ruoff-Stiftung in der Schellingstraße 12 in Nürtingen zu sehen.