Butterbrezeln und Croissants in einem Brotkörbchen, daneben eine Glaskanne mit frischem Kaffee und Schokolade auf jedem Teller. „Wenn sich jemand anmeldet, dann soll man sich auch wohlfühlen bei mir.“ Markus Schmidt lächelt - er sitzt auf einem Schreibtischstuhl am Küchentisch, die Krücken hat er neben sich an die Wand gelehnt, der elektrische Rollstuhl parkt draußen im Flur. Die Einkäufe hat er vorhin auf seinem Schoß direkt in die Wohnung gefahren, den Tisch noch im Rolli sitzend gedeckt. Zum Frühstücken braucht er ihn jetzt nicht mehr. Er trägt einen orangefarbenen Pullover und eine etwas zu lange blondierte Strähne in der Stirn. Und er findet, dass das jetzt langsam nicht mehr gut aussieht. „Die Friseure hatten einfach zu lange geschlossen!“ Seine braunen Augen leuchten vergnügt.
Viel zu früh kam Markus Schmidt vor 48 Jahren auf die Welt. Seine Beine tragen ihn nur ein paar Schritte. Aber es reicht, um sich mit Krücken allein an den Frühstückstisch zu setzen. Morgens und abends kommt ein Pflegedienst und zweimal in der Woche die Lebenshilfe. Einmal, da war er eigentlich schon bettfertig, riefen seine Freunde an. „Markus, komm mit, wir gehen noch was trinken!“ Da hat er erst abgesagt. Er kann sich die Thrombosestrümpfe nicht allein anziehen. Aber das hat seine Freundin nicht zugelassen: „Natürlich bist du dabei. Ich mach das!“, hat sie gesagt. Und dann kam sie und sie haben sich zusammen ausgehfertig gemacht.
Markus Schmidt liebt es, durch die Stadt zu bummeln, ins Café oder abends was trinken zu gehen. Auf dem Land wohnen, das wär nichts für ihn. Von der Henriettenstraße aus kann er alles mit dem E-Rolli machen: in die Werkstatt zur Arbeit fahren, einkaufen, das Ärztehaus ist gleich um die Ecke. Abhängig sein von Bus und Bahn, das stresst ihn. Einmal war er mit Freunden mit dem Regionalexpress unterwegs und musste in Wendlingen umsteigen. Und dann war der Aufzug kaputt. Und der Anruf bei der Notrufnummer führte nur zu der Info, dass der Aufzug erst morgen repariert wird. Dann standen die Freunde vor der Treppe und ihnen blieb nichts anderes übrig, als vom gleichen Gleis wieder zurück zu fahren. Einen erwachsenen Mann können auch die stärksten Freunde nicht mal eben die Treppe hochtragen. Sowas ärgert Markus Schmidt. Seine Mutter hat ihn als Kind immer überall hin mitgenommen, erzählt er. Dass er nicht laufen konnte, war egal. Und das habe ihn geprägt. „Früher waren die Menschen mit Behinderungen nicht zu sehen“, sagt er. „Die waren viel mehr drinnen.“ Zwei ältere Brüder hat er und kleine Neffen. „Ich nehme die alle so, wie sie sind“, erzählt er und zeigt Fotos. Ein Neffe findet es lustig mit ihm im Rollstuhl zu fahren, der andere würde gern mal bei ihm übernachten. Markus Schmidt schüttelt den Kopf: „Das geht bei mir nicht gut, das finde ich traurig.“ Und auch seine Freundin aus der Werkstatt würde ihn gern besuchen. Dort ist grade durch die Abstandsregeln nicht viel Nähe möglich. „Ja sie tät gern mal zu mir kommen, ich finde das hier nur so klein.“
Bei jedem Heimspiel dabei
Gleich nach dem Frühstück will er los in die Stadt und die Halle der Kirchheim Knights zeigen. Bei jedem Heimspiel ist er dabei. Dicht an dicht hängen Basketball-Poster und Plakate über seinem Tisch. Markus Schmidt greift sich die Krücke, stemmt sich hoch, nimmt Akku und Wohnungsschlüssel, öffnet die Tür und setzt sich auf das Fell in seinem E-Rolli. Der Rolli piepst beim Einschalten und die warme Frühlingsluft wartet. Ob das Geschirr nicht noch schnell in die Küche soll? „Nein, nein, einfach alles stehen lassen! Das mache ich später, ich hab ja schließlich eine Spülmaschine“, ruft er aus dem Flur. Widerspruch ist zwecklos.