Zwischen Neckar und Alb
Ambra Durante: Das Berliner Multitalent mit italienischen Wurzeln steckt voller Ideen

Kunst 21 Jahre jung und schon ein Star: Ambra Durante sorgt mit ihren Zeichnungen für Aufsehen. Ihre Arbeiten hat sie speziell für ihre Ausstellung in der Stiftung Ruoff in Nürtingen geschaffen. Von Nicole Mohn

 

Schüchtern und etwas verloren steht sie da inmitten ihrer Arbeiten, die die Galerieräume der Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung mit ganz neuen Schwingungen erfüllen: Ambra Durante, 21 Jahre jung, Berlinerin mit italienischen Wurzeln und einer der Shootingstars der deutschen Kunstszene.

Mit ihrer Graphic Novel „Black Box Blues“ macht die Künstlerin 2020 auf sich aufmerksam. Der schmale, in Schwarz und Weiß gehaltene Band erzählt in eindringlichen Texten und Bildern von Erfahrungen und Ängsten, die einem im Leben begegnen können.

Im Glück mit dem  Shooting Star

Es ist ein existenzieller Versuch der Selbstrettung, der sehr persönliche Erlebnisse und Emotionen offenbart. Trotz der schwarzen Boxen, die dem agierenden Ich immer wieder im Weg stehen, es zu verschlingen drohen, stellen sie all dem ein helles Licht entgegen, ohne in die Banalität von Ratgebern und abgedroschen Trostphrasen zu rutschen. Ambra Durante erhält dafür den Förderpreis der renommierten Anke-Bennholdt-Thomsen-Stiftung.

Das Buch wird zugleich Türöffner für eine weitere Welt: Der Berliner Galerist Klaus Gerrit Friese lädt die Debütantin zu sich ein, will sehen, was die Künstlerin noch so zeichnet und malt. „Ich hatte gar nicht viel zum Zeigen“, erinnert sich Ambra Durante an das erste Gespräch mit Friese. Doch der Wunsch, so etwas wie diese Ausstellung zu machen, der sei schon ganz lange dagewesen, sagt sie. Vergangenen Oktober erfüllt sich dieser Wunsch tatsächlich: In Frieses Berliner Galerie zeigt Ambra Durante erstmals ihre überbordenden Bildwelten.

Seither ist die Zeichnerin, die 2000 in Genua geboren wurde, eine gefragte Frau in der deutschen Kunstszene. Susanne Ackermann, Geschäftsführerin der Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung, ist deshalb ganz im Glück, den Shooting Star für die Ausstellung in Nürtingen gewonnen zu haben.

Für die Schau in der Ruoff-Stiftung hat Ambra Durante viel Neues im Gepäck. 33 Blätter hat die junge Künstlerin eigens für die Ausstellung in der Villa gezeichnet. Auf ihren Bildern tummelt sich eine Vielzahl von Figurinen, die sich ineinander verschlingen, sich aus den schwarzen Tuschelinien neu formieren und verwandeln. Die Gestalten reduzieren sich auf simple Umrisse, bleiben gesichts- und oft auch geschlechtslos, blicken den Betrachter aus ungleichgroßen Augen manchmal fragend, manchmal fast schon überrascht darüber an, in welch surrealen Kosmos sie ihre Schöpferin geworfen hat. Der Fülle dieser Wimmelwelten, die durchzogen sind von Sprachdetails stehen kleine Formate gegenüber, in denen Ambra Durante das zentrale Motiv mit unfassbarer Präzision mit Mustern umkreist.

Die Zeichnerin ist in der Wahl ihrer Malgründe nicht wählerisch. Tüten von Lieferdiensten, Packpapier oder Leinwand – alles, was Ambra Durante in die Finger bekommt, wird bemalt. Etliche ihrer jüngeren Arbeiten entstanden beispielsweise auf Schießkarten. Nicht etwa, weil die junge Künstlerin damit ein Statement verknüpfen wollte, sondern „weil das Papier so schön ist“, sagt sie schlicht.

Ihre Arbeiten in einer Ausstellung hängen zu sehen, ist für die Berlinerin immer noch etwas ungewohnt. Anfangs sei es auch schwierig für sie gewesen, die Tatsache auszublenden, dass Leute ihre Zeichnungen sehen können. „Das verwandelt deine Arbeit“, ist sie überzeugt. Es gebe deshalb Bilder, die sie nicht so gerne mag: „Das ist ein bisschen so wie bei einem Familientreffen, manche möchte man sehen, andere lieber nicht“, geht sie durchaus kritisch mit ihrem Werk um. Dass ihre Zeichnungen nun mit dem wachsenden Erfolg auch bei anderen Leuten hängen, darüber denkt sie lieber nicht weiter nach. 

 

Info Die Ausstellung mit Arbeiten von Ambra Durante ist noch bis 13. März in der Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung, Schellingstraße 12, in Nürtingen zu sehen. Das Buch „Black Box Blues“ ist beim Wallstein Verlag erschienen.

 

 

Katzen hüpfen über das Blatt

In ihren Arbeiten schafft es Ambra Durante ganz bei sich zu bleiben und trotz der fast überbordenden Fülle in ihren Zeichnungen immer Herr, besser gesagt Frau, über die Geschichte und Geschichtchen zu sein, die aus ihrem Stift fließen. Das hat vielleicht damit zu tun, dass das Zeichnen für Ambra Durante längst zu einer festen Erweiterung ihrer Ausdrucksform geworden ist.

Block und Stift hat die 21-Jährige jedenfalls ständig in Griffweite. Unzählige solcher kleinen Zeichnungen flutschen der Künstlerin während Gesprächen aus dem Stift. Sie helfen ihr in manchen Situationen auch dabei, sich abzugrenzen, sagt sie.

Auch bei der Eröffnung ihrer Ausstellung „Alles ist jetzt“ in der Fritz und Hildegard Ruoff Stiftung ist es nicht anders. Wie von selbst hüpfen da während des Interviews zwei kleine Katzen auf das Blatt. Das schenkt sie wenig später Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich, dem die Katzen, die in Ambra Durantes Bildern immer wieder auftauchen, besonders ins Auge gefallen sind.

Von Ambra Durante, da ist Kurator Nikolai B. Forstbauer sicher, wird man in Zukunft noch einiges hören und sehen. Derzeit studiert die Deutschitalienerin in Berlin. Nicht etwa Bildende Kunst, sondern Filmwissenschaften. Neben den Texten und den Zeichnungen spielt aber auch die Musik eine große Rolle im Leben des Multitalents. Sie komponiert und schreibt Songs, singt. Ob und wann sie damit an die Öffentlichkeit tritt, weiß sie noch nicht. „Man muss sich auch trauen“, sagt sie. Nun will die junge Künstlerin erst einmal in der Kunstwelt Fuß fassen. Ihr Erfolg überwältige sie: „Aber der Wille ist groß“, bekräftigt sie.zog