Altbach/Stuttgart. Der Altbacher Amokfahrer ist gestern vom Stuttgarter Landgericht in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen worden. Zuvor hatte der Gerichtspsychiater dem 26-jährigen Autofahrer eine sehr schwere paranoide Schizophrenie für die Tatzeit, den 20. September letzten Jahres, bescheinigt und ihn als schuldunfähig bezeichnet. Dem schloss sich das Gericht an und bringt den 26-Jährigen „Zur Sicherung der Allgemeinheit“ in eine geschlossene Einrichtung unter.
Was geht im Kopf eines Autofahrers vor, der plötzlich auf der Straße mit Vollgas auf drei ihm vollkommen unbekannte Menschen, zwei Frauen, ein Kind, zusteuert, sie überrollt, dann wieder rückwärts stößt, erneut Gas gibt und wieder auf die am Boden liegenden Opfer zufährt, sie erneut überrollt und dabei lebensgefährlich verletzt?
Im Verfahren gegen den 26-Jährigen wegen versuchter Tötung im Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr stellte der forensische Psychiater am letzten Verhandlungstag fest, dass der Angeklagte das Unrechte seiner Amokfahrt krankheitsbedingt nicht habe erkennen können. Damit beantwortet der Psychiater die Frage der Richter, was in dem Kopf des Beschuldigten am Ta ga der Tat vorging, als er in der Schillerstraße in Altbach plötzlich Vollgas gab und eine Mutter und deren Kleinkind schwer verletzte.
„Akustische Halluzination“ waren ursächlich, dass beim Angeklagten, der nicht erst seit diesem 20. September an einer schweren paranoiden Psychose leidet, diese zum Ausbruch kam. Auslöser war eine Radfahrerin, die nach der Vorstellung des Angeklagten ihn auslachte. Dadurch fühlte er sich bedroht, gab Gas und raste auf den Bürgersteig. Er habe keine Kontrolle mehr über seinsein Tun gehabt, sagte der Sachverständige. Zudem hörte er akustische Stimmen, die ihm Befehle gaben und bei denen er dachte, es seien seine eigene Nachbarn. Es sei nicht auszuschließen, dass sich derartige Geschehnisse wiederholen, so der Gutachter, der dem Gericht die Einweisung in die Psychiatrie dringend empfahl, damit so etwas nicht nochmal passiert.
Die Richter folgten den Ausführungen und erkannten, dass der Angeklagte wegen seiner Psychose nicht bestraft werden könne, er aber in diesem Zustand eine permanente Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Und das Gericht habe die Aufgabe, die Allgemeinheit vor solchen Menschen zu schützen, daher die Einweisung in die psychiatrische Klinik, nicht als Einsperrung, sondern zur Behandlung. Eine andere Möglichkeit gäbe es nicht, wie die Staatsanwältin, die Anwälte der Opfer und selbst die beiden Verteidiger des 26-Jährigen gestern in ihren Plädoyers betonten.
Wie lange der 26-Jährige in der Psychiatrie verwahrt und behandelt werden muss, ist offen. Das Gericht gab hierzu keinen Zeitplan. Die Festlegung der Länge des Aufenthalts liegt ausschließlich bei den Ärzten, wobei Sachverständige immer wieder betonen, dass Schizophrenie im Grunde nicht heilbar sei, sondern nur medikamentös eingedämmt werden könne. Gleichzeitig ordnete das Gericht eine Führerscheinsperre von zehn Jahren gegen den Mann an. Bernd Winckler