Heilbronn ist das Testlabor. Dort hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Montag im Landratsamt die viermonatige Pilotphase für ein Behördenprojekt eingeläutet, das viele freuen wird. Der Gang zur Zulassungsstelle, das bedeutete in früherer Zeit vor allem eines: langes Warten. Ab September soll das An-, Ab- und Ummelden von Kraftfahrzeugen überall im Land und für jeden bequem online möglich sein. Mit wenigen Klicks zur Zulassungs-Plakette – für Privatpersonen ist dies bereits seit 1. Oktober 2019 möglich. Doch bisher nutzt nur eine kleine Minderheit das „i-Kfz“-Angebot der Bundesverwaltung. Im Kreis Esslingen waren es im vergangenen Jahr lediglich 755 Fahrzeughalterinnen und -halter, bei immerhin knapp 142 000 Registrierungsvorgängen. Ein möglicher Grund: Für die Nutzung braucht es einen neuen Personalausweis mit freigeschalteter Online-Funktion und eine Ausweis-App.
Ab September wird der Weg zur Zulassung per Mausklick breiter: Dann werden sich erstmals auch Beschäftigte in Autohäusern und all jene, die im Auftrag Dritter unterwegs sind, den Weg zu einer Zulassungsstelle sparen können. Die vierte und letzte Phase hin zur volldigitalen Kfz-Zulassung macht eine Gesetzesnovelle möglich, die am 1. September bundesweit in Kraft tritt und die letzte Hürde aus dem Weg räumen soll. Bisher scheiterte das Angebot für Unternehmen an der Identifizierung des Antragstellers, also am juristisch wasserdichten Nachweis von Vollmachts- und Vertretungsbefugnissen.
Fällt hier also eine Menge Arbeit weg? Ganz frei von Skepsis sind die potenziellen Nutznießer im Kfz-Gewerbe nicht. „Wenn es funktioniert, ist es eine Riesenerleichterung“, meint Karl Bosler, Obermeister der Kfz-Innung Nürtingen-Kirchheim, die 98 Mitgliedsunternehmen vertritt. Am Mittwoch findet in Stuttgart die Delegiertenversammlung des Landesverbands statt, wo Fragen auf den Tisch kommen sollen, die auch den Innungsmeister beschäftigen. Eine wesentliche betrifft den Zeitraum
von der Antragstellung bis zur Zulassung. Der Gang zur Zulassungsstelle bedeutet zwar mehr Aufwand, verspricht, wenn’s schnell gehen muss, aber auch mehr Tempo, so absurd das klingen mag. Morgens den Kaufvertrag unterschreiben, nachmittags mit dem Neuwagen vom Hof fahren – per Online-Zulassung wäre das nach allem, was bisher bekannt ist, kaum möglich, denn die Stempelplaketten werden anschließend per Post verschickt. Für Bosler steht daher fest: „Online-Abwicklung darf am Ende nicht bedeuten, dass der Zeitraum von der Antragstellung bis zur Zulassung länger wird.“
Dass die Online-Zulassung die Lösung aller Personalprobleme in der Verwaltung darstellt, ist laut Andrea Wangner, Sprecherin im Esslinger Landratsamt, nicht zu erwarten. Von einer wesentlichen Arbeitserleichterung geht in den vier Zulassungsstellen in Kirchheim, Nürtingen, Esslingen und Filderstadt-Bernhausen jedenfalls niemand aus. Die Mitarbeitenden müssen weiterhin jeden Antrag prüfen, Zulassungsdokumente erstellen und diese auch versenden. „Zudem gibt es je nach Fall zahlreiche digitale Schnittstellen mit Meldeämtern oder Zollbehörden“, sagt Wangner.
„Wir haben immer gesagt: Das Amt muss zu den Menschen kommen und nicht umgekehrt“, hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl am Montag in Heilbronn verkündet. Um die letzten Steine auf diesem Weg aus dem Weg zu räumen, dafür bleibt nun vier Monate Zeit.
460 000 Fahrzeuge im Kreis registriert
Im Kreis Esslingen waren Ende vergangenen Jahres knapp 460 000 Fahrzeuge behördlich registriert. Die Mitarbeitenden in den vier Zulassungsstellen hatten dabei im vergangenen Jahr mehr als 152 000 Änderungsvorgänge zu bewältigen. Dabei handelte es sich in 48 517 Fällen um Ummeldungen, 28 507 Fahrzeuge wurden neu und 3154 nach Stillegung wieder zugelassen. bk