Wendlingen. Ein besonders schwerer Fall von sexuellem Kindesmissbrauch wird derzeit am Stuttgarter Landgericht verhandelt. Ein 35-jähriger Mann soll laut Anklage im Sommer 2021 in der gemeinsamen Wendlinger Wohnung seine beiden minderjährigen Stieftöchter monatelang sexuell missbraucht haben. Der Staatsanwalt spricht von 41 Fällen.
Gefesselt in Handschellen wurde der 35-Jährige gestern in den Sitzungssaal der 2. Großen Jugendschutz-Strafkammer am Stuttgarter Landgericht geführt. Der Mann soll laut Anklageschrift im Jahre 2018 eine Frau über das Internet kennengelernt und später geheiratet haben. Sie haben eine gemeinsame vierjährige Tochter, sind aber inzwischen geschieden. Mit dem sexuellen Missbrauch der beiden Töchter der Frau, damals zehn und zwölf Jahre alt, habe er drei Jahre später begonnen. 41 Einzelfälle zählte der Staatsanwalt auf: Darin zunächst intime Berührungen, dann seine Forderung nach Küssen bis hin zum Eindringen mit der Hand, was nach dem Gesetz als Versuch einer Vergewaltigung gilt. Er habe dann mehrfach den Versuch gestartet, Geschlechtsverkehr mit ihnen auszuüben. Da die Kinder Schmerzen hatten, habe das aber nicht geklappt. Stattdessen, so der weitere Vorwurf, habe er die Opfer zum jeweiligen Oralverkehr genötigt. Seine Aufforderung, mit ihm intim zu sein, soll er über den Chat-Verlauf mit seinem Handy angekündigt haben. Selbst als die Mädchen dann schon über 14 Jahre alt waren, habe der Angeklagte die Übergriffe fortgesetzt. Der letzte Fall, der in der dicken Anklageschrift vermerkt ist, soll sich Ende August 2021 zugetragen haben. In einem Fall soll er einem der Kinder auch Drogen angeboten haben. Ob es aber zum Konsum kam, ist nicht geklärt.
Keine Vorstrafen vorhanden
Am 28. Oktober hatte ihn die Polizei festgenommen. Er kam aber wieder frei. Nachdem über ein Internetportal eine neue Beziehung eingegangen sein soll, wurde der Haftbefehlt am 8. Juli dieses Jahres wieder in Vollzug gesetzt. Er sei selbst ein adoptiertes Kind, aufgewachsen in Wendlingen, und habe nach der Mittleren Reife bei einem ortsansässigen Unternehmen den Beruf des Teile-Zurichters gelernt. In dem Unternehmen sei er bis zur Festnahme angestellt gewesen, sagt er. Das Gericht stellt auch fest, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Durch seinen Verteidiger ließ der Angeklagte ein umfassendes Geständnis vortragen: Die Anklage sei richtig, man wolle damit auch den Kindern ersparen, vor Gericht erscheinen zu müssen. Der Prozess ist auf vier Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte schon nächste Woche fallen. Bernd Winckler