Region. Dieser Prozess wird noch lange dauern. Der Vorsitzende Richter der 13. Großen Wirtschaftsstrafkammer am Stuttgarter Landgericht im Betrugs- und Steuerverfahren gegen einen 40-jährigen Wendlinger Unternehmer der Reinigungsbranche, sagte es gestern deutlich: „Wir befinden uns in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens.“
Knapp drei Millionen Euro soll der 40-Jährige, der seit geraumer Zeit auf der Stuttgarter Anklagebank sitzt, an Steuern und Sozialabgaben hinterzogen haben (wir berichteten). Es geht um zahlreiche Schwarzarbeiter, die der Mann zum großen Teil gar nicht angemeldet habe, um gefälschte Rechnungen, damit Mehrwertsteuer zu Unrecht kassiert werden konnte und um hinterzogene Solidaritäts-Zuschläge. Gegenüber dem Nürtinger Fiskus habe der Angeklagte ausschließlich falsche Angaben gemacht.
Am gestrigen dritten Verhandlungstag warteten die Stuttgarter Richter vergeblich darauf, dass der 40-Jährige sich zu den schweren Vorwürfen äußert, wie auch darauf, dass er seine angeblich entlastenden Beweise vorlegt. Zudem hält der Angeklagte auch an diesem dritten Prozesstag an seiner Strategie fest, keinerlei Angaben zu seiner Person zu machen. Das steht ihm zwar nach dem Gesetz zu, doch verhehlte der Kammervorsitzende nicht, dass er und seine Beisitzer gerne etwas mehr über den Angeklagten erfahren würden - auch zu dessen Entlastung.
Einträge im Strafregister
59 Betrugs- und Steuertaten legt ihm der Staatsanwalt zur Last. Ein gestern vernommener Zeuge, der in Nürtingen ein Dienstleister-Unternehmen der „Beseitigung von Brand- und Wasserschäden“ betreibt, beschreibt den Angeklagten, mit dem er einige Projekte betrieben habe, als unzuverlässig und mit „Halbwahrheiten“ behaftet. Beim Umgang mit Rechnungen und Geldern sei mit ihm nicht alles korrekt verlaufen. Er habe zum Beispiel Beträge zurückgehalten, sodass er mit ihm einen abgeschlossenen Werksvertrag über Reinigungen nach Brandschäden auflöste.
Dass der Angeklagte bereits Einträge im Strafregister hat, war am Rande gestern zu erfahren. Um welche Urteile es sich dabei handelt, ist nicht bekanntgegeben worden. Im Laufe des Verfahrens werden diese Vorstrafen jedoch noch öffentlich verlesen, so schreibt es das Gerichtsverfassungsgesetz vor. Wann damit zu rechnen ist, steht noch nicht fest. Zunächst wollen die Richter eine ganze Reihe von Zeugen laden und vernehmen. Verhandlungstage sind bis weit in den Sommer dieses Jahres angesetzt. Nächster Prozesstag ist am Freitag dieser Woche. Bernd Winckler