Zwischen Neckar und Alb
Arbeitstier für unwegsames Terrain

Technik Göppingen war vor 75 Jahren die Geburtsstadt des ersten Unimogs. Bei der Firma Boehringer lief das erste Modell vom Band. Bis heute ist das unverwüstliche Allradfahrzeug im Einsatz. Von Margit Haas

Wolfgang Maier am Steuer eines seiner zwei Unimogs. Sein erstes Exemplar kaufte sich der Liebhaber zum 40. Geburtstag. Foto: Sta
Wolfgang Maier am Steuer eines seiner zwei Unimogs. Sein erstes Exemplar kaufte sich der Liebhaber zum 40. Geburtstag. Foto: Staufenpress

Es ist das Jahr 1945, der verheerende Krieg ist zu Ende, Vieles liegt darnieder. Betriebe, die für die Rüstungsindustrie gefertigt haben, dürfen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der amerikanischen Militärregierung ihre Arbeit wieder aufnehmen - und dann am besten nur „friedliche“ Produkte herstellen. Bei der Firma Boehringer in Göppingen sind dies auch Maschinen zum Verschließen von Konservendosen. Im Zusammenhang mit

Wolfgang Maier am Steuer eines seiner zwei Unimogs. Sein erstes Exemplar kaufte sich der Liebhaber zum 40. Geburtstag. Foto: Sta
Alte Unimogs sind echte Liebhaberobjekte. Foto: Stauferpress

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dem sogenannten Morgenthau-Plan, der Deutschland zu einem reinen Agrarland entwickeln wollte, lag es außerdem nahe, Maschinen und Geräte für die Landwirtschaft zu produzieren. Da kam Albert Friedrich, ehemals Leiter der Flugmotoren-Konstruktion der Daimler-Benz AG, zum genau richtigen Zeitpunkt.

Er hatte bereits Ende 1944 erste Entwürfe für einen ganz neuartigen Traktor angefertigt. Zunächst in Schwäbisch Gmünd arbeitet er die Pläne mit einem Team detailliert aus und findet dann bei der Firma Boehringer in Göppingen ein Unternehmen, dass das „Universal-Motorgerät für die Landwirtschaft“, kurz also den Unimog, in Serie produzieren kann. Zunächst sollten 600 der unverwüstlichen und robusten Maschinen gebaut werden, die mit vier gleich großen Rädern, einem Allradantrieb in unzähligen Bereichen eingesetzt werden konnten. Die so genannte „Portalachse“ sorgte für eine große Bodenfreiheit - der Unimog war also auch im Wald gut einzusetzen.

Das Cockpit des Unimog ist recht spartanisch ausgestattet. Foto: Stauferpress
Das Cockpit des Unimog ist recht spartanisch ausgestattet. Foto: Stauferpress

Wolfgang Maier weiß, dass eine der ersten Demonstrationen der Vielseitigkeit des Unimog auf dem Hofgut Staufeneck stattgefunden hatte. Zu seinem 40. Geburtstag hatte sich der Schulungsleiter für Maschinenbauer einen Traum erfüllt und sich damals einen Unimog Baujahr 1965 gekauft. Der Daimler-Stern auf der Motorhaube verweist schon darauf, dass der nicht mehr in der Stuttgarter Straße produziert worden war. Denn zunächst hatte Boehringer die Lizenz, 600 Exemplare zu bauen. Seine schier unendlichen Einsatzmöglichkeiten ließen schon nach kurzer Zeit Militärs aufmerksam werden. Die Motoren kamen eh von Daimler, und so fiel die Entscheidung, die gesamte Produktion und das Know-how nach Stuttgart zu verkaufen.

1951 war in Göppingen Schluss. Der Unimog wurde fortan in Gaggenau gefertigt. „Die ers- ten Modelle waren von den Göppingern nicht zu unterscheiden“, weiß Wolfgang Maier, der zu den Mitbegründern des Unimog-Museums in Gaggenau gehört und jedes Jahr mit einer kleinen Gruppe von Liebhabern des spartanisch ausgestatteten Fahrzeuges am Maientagsumzug teilnimmt. Selbst das Emblem war beibehalten worden - ein stilisierter Ochsenkopf. Weil der Unimog nun aber in die ganze Welt exportiert wurde, galt es, ein weltweit anerkanntes Signet zu finden. Also schmückt bis heute der berühmte Stern die Fahrzeuge. Sie werden nach wie vor gebaut und in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt - bei Feuerwehr und Polizei, bei der Bundeswehr und dem Technischen Hilfswerk und in vielen kommunalen Betriebshöfen. „Nur aus dem Wald ist er ganz verschwunden“, weiß Wolfgang Maier. Dort ersetzen ihn große Erntemaschinen.

Der passionierte Bastler hat zwischenzeitlich zwei Unimogs. Neben dem jüngeren Modell von 1987 wirkt der aus den 60er-Jahren fast wie ein Spielzeug. Für den Sammler ist er nicht nur ein Sonntagsfahrzeug. Wenn auf seiner Baumwiese was zu tun ist, leistet der Unimog wertvolle Dienste. Auf dem neueren ist ein großer Container montiert. Früher mal war er mit einer Bundeswehr-Funkausrüstung ausgestattet. Heute dient er Wolfgang Maier und seiner Frau Brigitte als Wohnmobil.

Firlefanz ist hier fehl am Platz: Ein Unimog ist fürs Grobe gemacht. Entsprechend spartanisch sieht das Fahrzeug auch von innen
Firlefanz ist hier fehl am Platz: Ein Unimog ist fürs Grobe gemacht. Entsprechend spartanisch sieht das Fahrzeug auch von innen aus. Foto: Stauferpress

Wolfgang Maier ist sich sicher, dass die Erfolgsgeschichte des Unimogs in Göppingen nicht möglich gewesen wäre. „Ohne das weltweite Vertriebs- und Werkstattnetz von Daimler Benz hätte der Unimog nicht die Verbreitung gefunden. Boehringer wäre zu klein geworden.“ Er freut sich an der soliden Technik seines Unimog, kennt jede Schraube. Und er kann es kaum erwarten, sich wieder im Unimog-Museum in Gaggenau zu engagieren. Das ist aus bekannten Gründen derzeit geschlossen. Infos gibt es unter www.unimog- museum.com.