Genuss
Aromen im Glas: Kleinbrenner stellen sich dem Wettbewerb

Die Landesprämierung für Destillate und Liköre mit über 1100 Anstellungen fand wieder in der Teckhalle in Owen statt. Die traditionelle Veranstaltung trägt das neue Label „BrennKunstAward Württemberg“. 

Über 1100 Flaschen - Anstellungen genannt - mit hochprozentigem Inhalt waren zur Prämierung in der Teckhalle angemeldet. Foto: Carsten Riedl

Wir wollen Begleiter sein in Sachen Qualitätsverbesserung“, sagt Karl Müller, Erster Vorsitzender des Landesverbands der Klein- und Obstbrenner Nord-Württemberg, bei der Landesprämierung unter dem neuen Label „BrennKunstAward Württemberg“ in der Teckhalle in Owen. „Außerdem wollen wir Dinge, die die Verbraucher aus den Augen verloren haben, wieder an sie herantragen. Es gibt so tolle Obstsorten. Hier können sich unsere Brenner abheben – diese wunderbaren Aromen gibt es nicht im Discounter zu kaufen“, sagt Karl Müller selbstbewusst. Aber er sorgt sich um die Zukunft der Kleinbrenner, denn es werden immer weniger. Das zeigt die Anzahl von rund 1100 Anstellungen, denn vor wenigen Jahren waren es deutlich mehr. „Den Wandel erleben wir gerade live, nicht alle schaffen ihn unter den erschwerten Bedingungen. Es fehlt die Wirtschaftlichkeit und vielen die Zeit, um Qualität produzieren zu können oder zu wollen“, sagt der Vorsitzende. Auch seine Kinder sagen klar: „Umsonst machen wir es nicht.“

 

Es gibt tolle Obstsorten bei uns. Die Brenner spielen mit den Aromen.

Karl Müller

 

Karl Müller will deshalb den „süßen Gaumen der Jugend“ und somit den Zeitgeist nutzen. Er macht seinen Brennern Mut, neue Cocktails zu kreieren, denn die sind auf dem Vormarsch. „Wir Kleinbrenner sind nicht Teil der Wertschöpfung wenn ich da an Aperol Spritz und Williams Gold denke. Das können wir auch. Wir dürfen bei den Spirituosen nicht wegschauen, sonst verlieren wir Marktanteile – ich rede da vom Genießen wie bei Wein“, erklärt Karl Müller. Sobald der Zucker­anteil eines Destillats die Zehn-Prozent-Marke überschreitet, muss das Produkt als Spirituose ausgewiesen sein. Es wird dann im Geschmack abgerundet, wird weicher. „Da tun sich unsere Brenner schon schwer, ihr reines Naturprodukt zu manipulieren. Viele wollen diesen Weg deshalb nicht gehen“, so der Vorsitzende.

Die Jüngeren haben da weniger Berührungsängste. „Beim Feuerwehrfest gab es heimische Produkte an der Bar, wie Jim Birn oder Schwäbisch-Caipi“, sagt der Mann aus Hohenlohe, wo Birnbäume die Kulturlandschaft prägen. „Im Brennkessel wird der Verdienst erwirtschaftet – wer trinkt schon Birnsaft“, sagt er.  Deshalb freut er sich, dass die handwerkliche Brennkunst jetzt als immaterielles Kulturerbe angesehen wird. „Das ist schon was Besonderes und damit haben wir mit den Bierbrauern gleichgezogen“, freut sich Karl Müller.

 

Das Destillat wird für die Blindverkostung vorbereitet. Foto: Carsten Riedl

 

Manche Steillage in den Weinbergen wird zwischenzeitlich nur wegen des Tourismus‘ bewirtschaftet. Ob dies irgendwann für die Streuobstwiesen gilt, kann niemand voraussagen. „Unsere Kulturlandschaft ist ein wertvolles Gut, das gepflegt und geschützt werden muss“, sagt Verena Grötzinger. Sie stattete als Hausherrin der Teckhalle den Brennern einen Besuch ab und ist immer wieder ob der Vielfalt der Destillate überrascht. Obstbrände und -geister warten auf die Verkostungen, ebenso Liköre, Gin – dessen Zenit ist laut Karl Müller überschritten – und in Deutschlands Whisky-Hauptstadt Owen darf dieses Produkt natürlich auch nicht fehlen.

Ein unverkennbarer Duft liegt im Herzog-Konrad-Saal in der Luft. Zig Flaschen mit hochprozentigem Inhalt stehen für die Tester zur Blindverkostung bereit. Ihr Gaumen wurde im Vorfeld der Prämierung von Dr. Dirk Hofmann geschult und für die Aromen sensibilisiert. Er leitet den Bereich Frucht- und Brennereitechnologie am Staatsweingut Weinsberg. 

 

Dank einer speziellen Schulung können die Tester viele Aromen in den Proben riechen und schmecken. Foto: Carsten Riedl

 

Beim speziellen Training für die Tester, die aus ganz Baden-Württemberg kommen, geht es darum, verschiedene Aufgaben zu bewältigen: steigende Zucker- und Säuregehalte registrieren können und die Aromen als süß, salzig oder bitter wahrzunehmen. Dafür ist eine gewisse Fitness nötig – denn der Unterschied zwischen Zwetschge und Pflaume sollte erkannt werden. „Es gibt Parallelen zum Radfahren: Die ersten 100 Meter sind holprig, dann geht’s“, sagt Dirk Hofmann. Die Schulungseffekte gehen jedoch langsam „flöten“, weshalb auch bei langjährigen Testern immer mal wieder mit kleinen Aroma-Kisten nachgeschult wird.

Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger und Karl Müller, Vorsitzender des Landesverbands der Klein- und Obstbrenner Nord-Württemberg, stoßen auf das neue Logo an. Foto: Carsten Riedl