Artenschutz
„Artenschutz fängt vor der eigenen Haustür an“

Dieter Ilg und Heinz Schöttner vom NABU sehen, was andere oft übersehen – und erklären, was jeder einzelne für die Artenschutz tun kann.

Von Mai bis November ziehen die Wasserbüffel jährlich in ihr Sommerquartier zwischen Jesingen und Ohmden. Foto: Jörg Bächle

Es ist ein unscheinbarer Straßenrand bei Jesingen, an dem es für die beiden Naturschützer Dieter Ilg und Heinz Schöttner vom Nabu so viel zu erzählen gibt: Was eine Herde von Wasserbüffeln alles Gutes tun kann für so ein Naturschutzgebiet wie das in Jesingen zum Beispiel. Oder auch, was Artenschutz heute bedeutet und wie er manchmal direkt vor der eigenen Haustür beginnt: „Das fängt zu Hause im eigenen Garten an“, sagt Dieter Ilg, Nabu- Beauftragter für Jesingen: „Ein organisiertes Chaos“ müsse dort herrschen, dann habe man den heimischen Arten schon etwas Gutes getan. Wildbienen überwintern etwa in morschen Baumstämmen oder an Grashalmen. „Es ist besser für die Natur, man mäht den Rasen nicht so regelmäßig.“

Zwischen Jesingen und Ohmden suhlen sich seit 2023 sechs Wasserbüffel auf den Wiesen des NABU. Die Pfützen, sogenannte Kleinstgewässer, die die Wasserbüffel beim Suhlen verursachen, tragen zu einer größeren Artenvielfalt bei. Jedes Kleinstgewässer beherbergt unzählige Insekten, die wiederum Fröschen oder Vögeln als Nahrung dienen, und selbst der Dung der Wasserbüffel ist Lebensraum für viele Insekten. Da die Tiere nicht voll versorgt werden, ist ihr Dung tatsächlich „lebendig“ und entsprechend wertvoll für die Natur.

Natur ist nicht immer erklärbar

Dass es der Umwelt aktuell nicht sonderlich gut geht, davon hat man in den letzten Jahren bereits viel gehört. Aber wie zeigt sich der Klimawandel in der Teckregion? Und was hat er für Auswirkungen auf die heimische Artenvielfalt? „Die Natur ist oft unergründlich“, sagt Ilg dazu. Die Artenbestände würden von Jahr zu Jahr schwanken, und nur manchmal liege der Grund auf der Hand: Wenn etwa der Insektenbestand nach unten geht, ist es wenig überraschend, wenn auch die Vögel weniger werden.

Vom NABU angebrachte Niströhren für Steinkäuze. Foto: Mathis Fässler

In vielen Fällen aber wisse man nicht, warum sich die Population nach oben oder nach unten entwickelt, man könne allenfalls Vermutungen anstellen. Beispielsweise sind in Dettingen zwölf von Schöttner überwachte Niströhren für Steinkäuze eingerichtet, von denen aber nur vier bisher belegt sind. Ganze zwölf Paare jedoch wohnen dieses Jahr in den über 50 Röhren in Holzmaden, Jesingen und Ohmden. Eine Erklärung dafür finden die Experten nicht.

Umwelt braucht Anerkennung

All diese Maßnahmen könnten zu mehr Artenvielfalt und Umweltschutz beitragen, aber für echte Biodiversität bräuchte es noch mehr Bewusstsein in der Bevölkerung: „Der Naturschutz sollte noch mehr Beachtung finden“, sagt Heinz Schöttner und Ilg ergänzt: „Es bräuchte ein Umdenken in der Politik und der Bevölkerung zum Thema Natur- und Artenschutz.“ Dies sei allerdings schwierig, denn beide haben die Erfahrung gemacht, dass Bürokratie und Wirtschaft dem häufig im Weg stehen.

Eines ist den beiden besonders wichtig: „Das Wichtigste beim Artenschutz ist vielleicht, zu betonen, dass er schon vor der eigenen Haustür anfängt: Wer Gras auch mal stehen lässt und Insekten ihren Freiraum lässt, der tut der Natur etwas Gutes.“