Friedrich Fink kennen viele Kirchheimer noch als Geschäftsführer des Ärztezentrums Kirchheim. Außerdem war er Anfang der Nuller-Jahre für eine Sitzungsperiode als Gemeinderat in Holzmaden tätig. Seit 2015 lebt der heute 64-Jährige im Yukon, Kanada, ist bei Extremläufen und gelegentlich auch für einige Monate als Schiffsarzt auf der Aida aktiv.
Dr. Fink, was genau hat Sie bewogen, Ihren Ruhestand zu unterbrechen und die Impfaktion in Wernau zu organisieren?
Friedrich Fink: Mein Sohn ist Geschäftsführer der MEDI-MVZ und bat mich Ende November, ihn bei der Organisation und Durchführung der anstehenden Boosterimpfungen zu unterstützen. Da meine geplante Atlantik-Übersegelung aus anderen Gründen nicht mehr möglich war, habe ich kurzerhand zugesagt. Die von mir organisierten Impfaktionen für Impflinge ab zwölf Jahren laufen nun an mehreren Standorten. Mit dem nun verfügbaren und zugelassenen Kinderimpfstoff ist es nur die logische Folge, damit weiterzumachen.
Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass auch Kinder unter zwölf geimpft werden: Ihnen droht doch kein schwerer Verlauf?
Fink: Die akute Infektion mit der noch vorherrschenden Delta-Variante führt bei Kindern und Jugendlichen nur selten zu schweren Verläufen. Anders sieht es bei Post- und Long-Covid aus: Kinder und Jugendliche können nach internationalen Studien genauso häufig an den Folgeerscheinungen von Covid-19 leiden. Bezüglich der neuen Omikron-Variante gibt es erste besorgniserregende Berichte über häufiger auftretende akute schwere Verläufe bei jüngeren Patienten.
Was ist an Folgen einer Covid-Erkrankung bei Kindern unter zwölf Jahren bekannt und wie häufig wurde das bislang beobachtet?
Die Studienlage ist hierzu noch sehr lückenhaft, da insbesondere junge Kinder nicht in der Lage sind, ausreichende Antworten zu ihrem Gesundheitszustand geben zu können. Was sich allerdings abzeichnet ist, dass bis zu fünf Prozent der Kinder Long- oder Post-Covid-Symptome entwickeln. In den USA wurden bis jetzt über fünf Millionen Kinder mit dem Impfstoff von Biontech in der nun zugelassenen Dosierung geimpft. Davon eine Million schon zweifach. Meldungen über schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine Myokarditis sind aktuell noch nicht bekannt. Da ist für mich die Entscheidung nicht wirklich schwierig. Ein Teil meiner Enkelkinder unter zwölf Jahren ist sogar schon geboostert.
Ein umstrittenes Thema ist der richtige Booster-Zeitpunkt: Welchen Abstand zur zweiten Impfung halten Sie für sinnvoll?
Ich gehe davon aus, dass eine dritte Impfung zum Abschluss der Grundimmunisierung notwendig ist, um einen ausreichenden Schutz vor der Omikron-Variante zu erhalten. Der eigentliche Booster wird dann als vierte Dosis später erfolgen. Aktuell bieten wir die dritte Impfung schon nach vier Monaten und für Personen ab zwölf Jahren an. Dieses Intervall werden wir aber ab sofort auf drei Monate verkürzen. In Großbritannien wird die dritte Impfung heute schon drei Monate nach der zweiten Impfung empfohlen.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Bleibt uns die Corona-Impfung Ihrer Meinung nach „für immer“ erhalten?
Viele führende Wissenschaftler gehen davon aus, dass Corona endemisch, also heimisch, wird. Somit könnte in Zukunft für viele Bevölkerungsgruppen, ähnlich der jährlichen Grippeimpfung im Spätherbst, eine Impfung gegen Covid-19 notwendig sein. Wünschenswert wäre dann eine kombinierte Impfung: eine Spritze gegen Corona und Grippe gleichzeitig.
Die Kritiker der Impfkampagne beschäftigt vor allem eine Frage: Was ist der Unterschied zwischen Corona und Grippe und warum ist eine Impfung überhaupt notwendig?
Da die verschiedenen Grippevarianten schon viele Jahre jeden Winter wieder auftreten und regelmäßig dagegen geimpft wird, hat sich in unserer Bevölkerung eine gewisse Herdenimmunität aufgebaut. Corona hingegen ist schlichtweg neu und in der aktuellen Delta- und zukünftigen Omikronvariante deutlich ansteckender. So bleiben uns nur zwei Möglichkeiten, um Antikörper gegen das Coronavirus zu bilden: eine Infektion oder die Impfung. Dabei sind die jetzt schon bekannten Folgen von Covid-19 für mich deutlich schwerwiegender, persönlich wie volkswirtschaftlich, als jeder vorstellbare Impfschaden.
Wie halten es die Menschen in Ihrer Wahlheimat Kanada mit dem Impfen und wie erklären Sie sich die Impfskepsis in Deutschland?
Im Yukon sind mehr als 95 Prozent der Menschen erst- und 90 Prozent zweitgeimpft. Durch die hohe Impfquote genießen die Menschen im Yukon viel mehr Freiheiten als hierzulande. In Deutschland kann ich ehrlich gesagt kaum noch die Nachrichten schauen. Da kriegen die Impfgegner viel zu viel Platz eingeräumt. Die wirklich kompetenten Leute dürfen in den Beiträgen kurz etwas sagen, dann werden Krakeeler gezeigt. Da stimmt meiner Meinung nach die Verhältnismäßigkeit nicht.
Weitere Aktion geplant
In Wernau soll es am morgigen Freitagnachmittag mit den Impfungen für Kinder unter zwölf weitergehen. Die genauen Zeiten hängen vom Eingang der Terminreservierungen ab. „Wir haben die Räume reserviert“, ist Wolfgang Fink optimistisch. Wie bei den anderen Aktionen ist auch hier eine vorherige Terminvereinbarung notwendig. Die Anmeldung zu Boosterimpfungen für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren und mit mindestens drei Monaten Abstand in Holzmaden oder Kinderimpfungen ab fünf Jahren in Wernau erfolgt wie auch für die Impfaktion in Holzmaden über die Partnerpraxis unter folgendem Link.