Der eine oder andere Parlamentarier, der im Kreistag gestern die Hand hob, um ein 600 Millionen Euro schweres Etatpaket abzusegnen, wird den Kassensturz am Ende des neuen Jahres politisch nicht mehr erleben. Die Kommunalwahlen im Frühjahr sind der Einstieg in eine spannende Zukunft, die den Landkreis in den kommenden Jahren vor gewaltige finanzielle Herausforderungen stellen wird. Bis 2025 könnte auf den Kreis allein für notwendige Baumaßnahmen eine Kostenlawine von bis zu 290 Millionen Euro zurollen.
Wer will da noch teure Wünsche äußern? Der letzte Akt mit dem gestrigen Haushaltsbeschluss verlief daher genauso auffallend friedlich, wie die Etatdebatte im Oktober begonnen hatte. Keine einschneidenden Korrekturen, und auch am unveränderten Kreisumlage-Hebesatz von 30,7 Prozent wollte keine der Fraktionen mehr rütteln. Schließlich spült die Umlage dank sprudelnder Steuerquellen und brummender Wirtschaft dem Kreis zehn Millionen Euro mehr in die Kasse, ohne die Städte und Gemeinden prozentual stärker zu belasten. Wernaus Rathauschef Armin Elbl sprach für die Freien Wähler gestern von einem „fairen Interessensausgleich“. Töne, die man aus den Reihen der Bürgermeisterfraktion in der Vergangenheit eher selten hörte. Allenfalls leise Kritik kam von SPD und Linke. Man habe den Eindruck, warf SPD-Fraktionschefin Sonja Spohn mit Blick auf hart verhandelte Zuschüsse für Tafelläden und Frauenhäuser ein, über tausend Euro werde länger diskutiert als über sechsstellige Beträge.
Der Etat 2019 steht dank einer starken Wirtschaft also auf stabilen Beinen. Die Hoffnung, auf der nun alles fußt: dass dies so bleiben möge. Der Finanzplan für die kommenden vier Jahre geht nicht nur von einer stabilen Kreisumlage, sondern auch von einer weiterhin guten Konjunktur und moderat steigenden Einnahmen aus. Es ist nicht das einzige Risiko, von dem abhängen wird, ob sich die vorhergesagte Schuldenentwicklung irgendwann mit der Wirklichkeit deckt. Mit knapp 160 Millionen Euro steht der Kreis zum Jahreswechsel in der Kreide. Erwartet wird, dass dieser Schuldenberg in den kommenden sieben Jahren bis auf 230 Millionen Euro wächst.
Ob es dabei bleibt, hängt neben der Konjunkturkurve auch vom Bautempo und der Preisentwicklung ab. Beim Bau des neuen Landratsamtes, dessen Start für 2021 geplant ist und der mindestens vier Jahre dauern soll, rechnet die Kreisverwaltung mit jährlichen Kostensteigerungen von fünf Prozent. Selbst wenn es dabei bliebe, würde der Kreis die rote Linie, die das Regierungspräsidium bei einer Gesamtverschuldung von 170 Millionen Euro gezogen hat, überschreiten.
Zwar kommen aus Stuttgart inzwischen Signale, die als Vertrauensvorschuss gelten können. Trotz aller Risiken rechnet die Finanzaufsicht offenbar auch in Zukunft mit einem genehmigungfähigen Etat aus Esslingen. Gründe sind unter anderem der konsequente Schuldenabbau in den zurückliegenden Jahren und noch immer günstige Zinsen für Kredite. Das Regierungspräsidium stellt aber auch klar: Sollten sich die Rahmenbedingungen spürbar verschlechtern, müsste die Kreisumlage als Puffer herhalten.
„Die steigenden Einnahmen geben uns jetzt den Raum, diese Aufgaben zu meistern“, betonte Landrat Heinz Eininger gestern im Kreistag. Eininger kann sich dabei auf eine breite Basis stützen. Bis auf Republikaner und Linke bekannten sich gestern alle Fraktionen zum eingeschlagenen Kurs. Dass der Kreistag schon vor vielen Monaten grünes Licht dafür gab, sämtliche Überschüsse auf die hohe Kante zu legen und nicht wie bisher einen Teil davon in die Senkung der Kreisumlage zu stecken, bezeichnete Eininger als „wichtiges Signal.“ Ansonsten macht es der Kreis wie jeder Häuslesbauer auch: Er sichert sich günstige Zinsen durch Bausparverträge.