Wer beim Graffiti erwischt wird, kann lange dafür belangt werden
Auch Kunst kann kosten

Graffitis in der Stadt sind kaum mehr etwas Neues. Die ­Werke von Blumengroup und Co. „zieren“ mittlerweile etliche Wände in der Stadtmitte. Doch das Sprayen kann langwierige Folgen haben. Die Polizei warnt vor Leichtsinn.

Kirchheim. „Von Dezember 2014 bis heute wurden bereits fünf Personen wegen Sachbeschädigung durch Graffiti festgenommen“, erklärt Thomas Pitzinger, Leiter des Polizeireviers in Kirchheim. Die Jugendlichen im Alter von 17 bis 25 Jahren sind der Polizei meist schon im Zusammenhang mit Graffiti bekannt gewesen. Rund 25 Mal hatten die Festgenommenen zugeschlagen. Zurzeit liegen die Anzeigen der Staatsanwaltschaft vor. Wie es damit weitergeht ist noch ungewiss. Bei den Sachbeschädigungen, erzählt Thomas Pitzinger, spiele vor allem das sogenannte „Taggen“ eine große Rolle: Wie im Fall der Blumengroup, die unter dem Tag „BGP“ bekannt sind, sprühen die Künstler dabei ihre Signatur an freie Flächen und zeigen damit deutlich ihr Dasein im öffentlichen Raum. Dabei gibt es in und um Kirchheim einige Flächen, an denen sich Graffitikünstler legal austoben dürfen.

Pitzinger macht darauf aufmerksam, dass das Sprayen nicht zu unterschätzen ist: Für den Schaden, den die Sprayer anrichten, können sie zivilrechtlich noch 30 Jahre später belangt werden. Da es sich bei den Tätern oft um junge Leute handle, greife aber das Jugendstrafrecht. Und das kenne keine Strafen, sondern lediglich „Erziehungsmaßnahmen“. Die Kirchheimer Beamten verfolgen zurzeit mehrere Spuren, um den Sprayern auf die Schliche zu kommen. „Wir sind dran!“, versichert der Chef des Polizeireviers. Die Aufklärungsquote in Kirchheim bei Graffitifällen liegt im Moment erstaunlich hoch. Erst im März konnten drei Täter auf frischer Tat ertappt werden als sie Container besprühten.

Wenn beide Parteien einverstanden sind, ist auch der sogenannte Täter-Opfer-Ausgleich eine Möglichkeit: Die Sprayer entfernen zum Beispiel selbstständig ihr Werk oder machen den Schaden auf andere Weise wieder gut. Im Optimalfall wird die Strafverfolgung dann sogar fallen gelassen. Beim Täter-Opfer-Ausgleich zählt am Ende nur das Resultat und nicht etwa die Zeit, die die Sprayer aufbringen müssen, bis die Fläche wieder blitzeblank erstrahlt.

Dass es zum Täter-Opfer-Ausgleich kommt, ist allerdings eher die Ausnahme, erklärt Claudia Krauth von der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Das Vorgehen sei sehr zeitaufwendig. Um diesen ganzen Prozess anzuleiern, müssten ihrer Erfahrung nach schon entsprechende Hinweise von der Polizei kommen: „Wenn in den Polizeiakten nichts dementsprechendes steht, rennt man den Tätern nicht hinterher.“ Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft sei es schließlich in erster Linie, eine angemessene Strafe zu finden. Wenn keine Reue erkennbar sei, liege die angemessene Strafe nun mal nicht in einem einfach Ausgleich, führt sie fort.

Für den Geschädigten hat der Täter-Opfer-Ausgleich den Vorteil, dass der Schaden schnell behoben ist und er sich den Behördengang sparen kann. Je nachdem, ob private oder gemeinnützige Flächen besprayt werden, liegt die Strafe für Sachbeschädigung ansonsten bei bis zu zwei oder drei Jahren Freiheitsstrafe. Jugendliche Täter müssen mit Arbeitsstunden in gemeinnützigen Einrichtungen rechnen.

Hier darf legal gesprayt werden:

• Mehrgenerationenhaus Linde in Kirchheim – im offenen Treff, mittwochs ab 16 Uhr

• Jugendhaus Zentrum in Wendlingen – nach Absprache und dienstags ab 16.30 Uhr

• „Wall of Fame“ in Nürtingen, Skaterplatz am Freibad

• Große „Hall of Fame“ in Stuttgart, König-Karls-Brücke