Das Täle hat weinbautechnisch nur Vorteile“, schwärmt Frank Haller. Der 53-jährige Winzer wollte schon seit Langem mit seinem Betrieb von Stuttgart auf die Alb ziehen. Doch Wohnraum ist in der Region bekanntermaßen schwer zu finden. Von bezahlbaren Bauernhäusern, in denen sich ein ganzes Weingut unterbringen lässt, ganz zu schweigen.
Er suchte unter anderem in Beuren und Balzholz, wurde dort aber nicht fündig. Als er 2019 in Stuttgart in der Nähe seines bisherigen Gebäudes Aussiedlungsfläche fand, plante er dort zu bauen. Doch der Baubürgermeister der Landeshauptstadt „fegte das Vorhaben vom Tisch“, sagt er.
Auch wenn der Umzug ins Täle mit dem ganzen Gut bisher nicht geklappt hat – ein Großteil seiner Rebfläche steht bereits in Neuffen und Beuren. An die ist er recht altmodisch gekommen: mit einer Anzeige im Gemeindeblatt.
In einem März vor einigen Jahren hatte er dort ein Gesuch nach Weinbaufläche inseriert. „Nicht gerade die Zeit, in der man noch Weinberge sucht“, sagt Haller. Denn im Frühling sind bereits viele wichtige Weichen für den neuen Jahrgang gestellt.
Tatsächlich meldete sich jemand auf seine Anzeige, Haller kaufte ungefähr 45 Ar in Beuren. Schon einige Zeit davor hatte er sich in die Gegend schockverliebt. „Als ich das erste Mal dort war, wusste ich, dass ich da irgendwann einen Weinberg haben will. Die Region ist für mich wie Urlaub“, sagt er.
Nachdem er, wie beschrieben, vergeblich nach einer geeigneten Immobilie gesucht hatte, verkleinerte er seinen Betrieb. Ein großes Weingut mit etlichen Rebsorten wollte er in Zukunft nicht mehr. Neben den Flächen in Beuren bewirtschaftete er nur noch einige in Cannstatt, unter anderem in der renommierten Lage „Zuckerle“. Doch im Jahr 2021 meldete sich jemand bei ihm und fragte, ob Haller seine Weinberge pachten möchte. „Ich hab’ gesagt, eigentlich nicht, aber ich komm’ mal vorbei“, erzählt Haller und lacht. Er wurde doch schwach und übernahm die 1,3 Hektar in den Neuffener Weinbergen.
Noch im selben Jahr rückte er erstmals an den Fuß des Hohenneuffens zur Lese aus und füllte den „Weißburgunder Neuffen“ ab, der jüngst in den Verkauf ging. Etwa 1000 Flaschen gibt es.
„In Neuffen ist es kühler und es regnet mehr. Das ist in Zeiten des Klimawandels beides unglaublich wichtig“, sagt Haller. In seinen Cannstatter Lagen habe er vergangenes Jahr reichlich mit Wasser nachhelfen müssen, „nur damit die Rebstöcke überleben, da ging es nicht um den Ertrag“. Im Täle habe er damit nicht zu kämpfen gehabt.
Hinzu kommt der einzigartige Boden. Wie sein Kollege Helmut Dolde aus Frickenhausen schwärmt auch Haller vom Jurakalk, der in der Region weit verbreitet ist. Ein deutschlandweites Alleinstellungsmerkmal, sieht man von einigen Parzellen im Markgräflerland ab.
„Das Verständnis ist dort auch ein ganz anderes“, berichtet Haller. Fahre er in seinen Cannstatter Lagen mit den Arbeitsgeräten umher, müsse er sich teilweise vor Spaziergängern und Fahrradfahrern rechtfertigen. „In Neuffen ist das anders. Da weiß man, dass in einem Weinberg auch gearbeitet wird“, sagt er.
Für den Ausbau fährt er die Trauben nach der Lese bis nach Stuttgart. Dort ist er Kellermeister des städtischen Weinguts, in dessen Räumlichkeiten er auch seine eigenen Weine ausbaut. Gelernt hat Haller beim berühmten Betrieb Karl Haidle in Stetten. Der behielt ihn danach als Kellermeister. Doch nach einem Jahr wollte er sein eigenes Gut aufbauen.
Mineralischer Unterton
Dass das eine gute Entscheidung war, schmeckt man. Hallers „Weißburgunder Neuffen“ macht richtig Spaß. Im Gegensatz zu vielen seiner Rebsorten-Kollegen ist er zurückhaltend in der Frucht, dafür trumpft er mit kräutrigen Aromen auf. Ein knackiges Säurerückgrat und ein mineralischer Unterton machen ihn frisch und lebendig. Für einen Wein dieser Preisklasse – eine Flasche kostet circa neun Euro – bringt er außerdem eine erstaunliche Länge mit.