Ein Fahrrad und ein paar Erdhügel - mehr braucht es nicht, um abzuheben. Genau das ist es, was viele Kinder und Jugendliche an den Trendsportarten Dirtbike und BMX reizt. „Es ist eine Art neuer Lifestyle, der sich in den vergangenen 15 Jahren etabliert hat“, sagt Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer, der nicht nur selbst passionierter Radfahrer, sondern auch der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg ist. Ein weiterer Pluspunkt: „Man kann den Sport vereinsungebunden ausüben, und es gibt keine großen Regeln.“ Für einen Aufschwung dürfte darüber hinaus noch etwas anderes gesorgt haben: Beliebte You-Tuber wie Lukas Knopf und Marc Diekmann imponieren ihren jungen Followern nicht nur mit waghalsigen Tricks auf zwei Rädern, sondern geben ihnen auch Tipps und animieren zum Üben.
Im Oktober vergangenen Jahres hat die Stadt Kirchheim ihren Bikepark beim Schlossgymnasium eingeweiht - ein Erfolgsprojekt, wie Günter Riemer betont. Während die Jüngsten mit Laufrädern Runden auf dem Pumptrack - einem asphaltierten, wellenförmigen Rundkurs - drehen, trainieren die Größeren auf den Dirtlines - Routen mit Hügeln und Schanzen aus Erde - Sprünge und Tricks. Das macht nicht nur Spaß, sondern bringt auch etwas: „Wer dort gut mit dem Fahrrad unterwegs ist, bewegt sich auch sicherer im Straßenverkehr“, so Riemer.
Auf dem Bikepark hat sich mittlerweile eine kleine Szene etabliert. „Sie trifft sich nicht nur zum Fahren, sondern auch zum Arbeiten“, weiß der Bürgermeister. Denn die Hügel müssen regelmäßig mit Schaufel und Spaten bearbeitet - „geshaped“ - werden, damit sie in Form bleiben. „Es ist sehr positiv zu bewerten, dass die Jugendlichen ihre Sportanlage selbst unterhalten“, betont Günter Riemer und zieht den Vergleich: „Das ist so, als würden Fußballer erst mal den Rasen mähen, bevor sie trainieren.“ Von Anfang an waren Jugendliche über das Projekt „BePart“ des Mehrgenerationenhauses Linde bei der Planung und Unterhaltung des Bikeparks eingebunden. Gleichzeitig betreuen Jugendhaus-Mitarbeiter die Anlage. Geplant sind auch Kooperationen mit Schulen.
Bikepark könnte wachsen
200 000 Euro hat die Stadt Kirchheim in den Bikepark investiert. Gebaut wurde er von einer Spezialfirma. „Anlagen dieser Qualität gibt es noch wenige“, weiß Günter Riemer. Gut möglich, dass der Bikepark wächst. Nebenan gäbe es Platz für Sanitäranlagen. „Die Skateranlage könnte dort ebenfalls hinziehen“, so Riemer.
Aber auch in anderen Gemeinden schießen Angebote für Radler wie Dirtparks und Pumptracks aus dem Boden. Zum Beispiel in Bissingen. Dort gibt es jetzt einen Bikepark, idyllisch neben dem Skaterplatz am Fuß des Breitensteins gelegen. 19 000 Euro haben Bau und Planung der Freizeiteinrichtung gekostet, die aus einer Kooperation der Gemeinde mit dem TV Bissingen entstanden ist. Nicht zuletzt hatte die Kommune mit Bauhofleiter Uli Pangerl selbst einen Radsportler an Bord, der federführend mitgeplant hat. Von der Idee bis zur Fertigstellung hat es - unter anderem wegen Gutachten zu Natur- und Artenschutz - vier Jahre gedauert. Dranzubleiben hat sich aus Sicht von Bürgermeister Marcel Musolf aber gelohnt. „Der Bikepark erfreut sich großer Beliebtheit bei Klein und Groß“, sagt er. Im TV Bissingen hat sich zudem eine neue Jugendgruppe gegründet, in der rund 30 junge Radler ab vier Jahren gemeinsam trainieren.
Im vergangenen Jahr ist der Bikepark in Gruibingen eröffnet worden - eine der größeren Anlagen in der Umgebung und ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinden Gruibingen und Mühlhausen. Die Idee dazu hatte Gruibingens Bürgermeister Roland Schweikert. „Wir müssen der Jugend etwas bieten“, ist er überzeugt. Den Bikepark haben sich die Kommunen einiges kosten lassen - genaue Zahlen gibt es noch nicht. Klar ist für Roland Schweikert aber: „Das ist eine Sportanlage und die kostet eben Geld - genauso wie jeder Spielplatz.“ Für den Park, der auf einer Ausgleichsfläche entstanden ist, gab es Zuschüsse von der Region. Um die Pflege und Weiterentwicklung kümmert sich eine Gruppe junger Männer, die bereits auch bei der Planung und beim Bau dabei war.
Ältere Anlagen werden aufgepeppt
Andere Anlagen in der Region gibt es schon viel länger. Viele haben bereits Umgestaltungen hinter sich. So etwa der Weilheimer Bikepark. Auf eine Jugendinitiative hin war er mithilfe von Sponsoren 2013 gebaut und 2017 umgebaut worden. Auch die Pflege liegt bei den Jugendlichen. Vergangenes Jahr ist noch ein Pumptrack in Hepsisau dazugekommen. Das Fazit von Bürgermeister Johannes Züfle: „Die Einrichtungen sind eine Bereicherung des Sport-, Bewegungs- und Jugendangebots der Stadt.“
Eine Rundumerneuerung hat dieses Jahr auch der Bikepark beim Dettinger Sportplatz erhalten. Er wurde 2015 gebaut - auf eine Unterschriftensammlung von Kindern hin. Jetzt hatten sich erneut junge Biker gemeldet, die sich einen Umbau wünschten. „Wir haben es geschafft, die Strecke zusammen mit einer Baufirma für 2000 Euro umzumodellieren“, berichtet Amelie Betz, Hauptamtsleiterin in Dettingen. Das Glück: „Der Baggerfahrer war selbst passionierter Radler und hat die Strecke auf Herz und Nieren getestet.“
Mehr Pep sollte auch der Owener Bikepark bekommen. Er ist 2015 aus einer Kooperation der Gemeinde mit der offenen Jugendarbeit Lenningen entstanden und durch Spenden finanziert worden. Immer wieder ist die Strecke seit 2018 von Ehrenamtlichen erneuert und verbessert worden. Fertiggestellt und neu eröffnet wird er voraussichtlich im kommenden Frühjahr.
Ein heißer Tipp für Radler sind außerdem die Anlagen beim Sportplatz in Reudern. Seit rund 15 Jahren gibt es dort eine Dirtstrecke, vor vier Jahren kamen Trialelemente wie Steilkurven aus Holz und „Drops“, also Holzsprünge, dazu. Sie bieten nicht nur gute Trainingsmöglichkeiten für die Vereinsjugend. „Das ist zwar alles in Vereinshand, aber öffentlich zugänglich“, sagt Oliver Felten, Sprecher der Mountainbike-Abteilung des SV Reudern.
Lohnenswert ist außerdem ein Ausflug zum neuen Pumptrack nach Albershausen. Die großzügige Anlage beim Waldstadion ersetzt den ehemaligen Dirtpark.