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Auf der Bühne gibt er alles

Musik Albrecht Imbescheid hat 32 Jahre lang die Städtische Musikschule Ostfildern geleitet. Auch im Ruhestand ist der Flötist, Komponist und Herausgeber vielfältig interessiert und engagiert. Von Rainer Kellmayer

Flötist, Komponist, Konzertorganisator, Herausgeber von Musiknoten, ehemaliger Musikschulleiter: Albrecht Imbescheid ist eine feste Größe im musikalischen Organismus der Region und weit darüber hinaus. Bis zum Eintritt in den Ruhestand 2015 stand mehr als 32 Jahre lang die Leitung der Städtischen Musikschule Ostfildern im Zentrum seines Schaffens. Mit Konsequenz, organisatorischem Geschick und pädagogischem Feingefühl baute er die Schule kontinuierlich aus und führte sie in die erste Reihe der musikalischen Ausbildungsstätten des Landkreises.

„Über das musikalische Rüstzeug hinaus wollten wir den Schülerinnen und Schülern wichtige Fähigkeiten fürs Leben mitgeben: Individuelle Ausdrucksmöglichkeiten und soziale Kompetenz“, so das Credo des Musikers und Pädagogen. Erlebt man im persönlichen Kontakt, wie ruhig, besonnen und stets reflektiert Albrecht Imbescheid auf den Gesprächspartner eingeht, kann man nachvollziehen, mit welcher Empathie er das Musiklehrer-Kollegium für seine Ideen begeistert und auf eine gemeinsame Linie eingeschworen hat. Wer den Flötisten jedoch auf der Konzertbühne spielen hört, dem scheint er - wo es der Notentext verlangt - geradezu zu explodieren. Doch auch dies geschieht nie willkürlich, sondern stets unter intellektueller Kontrolle, gestützt auf eine frappierende instrumentale Technik. Diese reifte in einem langen musikalischen Entwicklungsprozess: Von den musikalischen Anfängen in seinem Heimatort Crailsheim, wo er durch den Vater, einen Musiklehrer, Flöten- und Klavierunterricht erhielt, führte der Weg an die Musikhochschule in Stuttgart. Das Schulmusik- und Germanistikstudium schloss er mit dem ersten Staatsexamen ab. Nach nur einem weiteren Semester folgte die künstlerische Reifeprüfung im Fach Querflöte. Das war das Sprungbrett zum international renommierten Flötisten Peter Lukas Graf, in dessen Klasse er an der Musikakademie Basel das Konzertdiplom erwarb. „Grafs Spielweise und methodische Konsequenz haben mich maßgeblich geprägt, vor allem in punkto musikalischer Auffassung und analytischer Durchdringung des Notentextes“, denkt Imbescheid gerne an die Zeit in der Schweiz zurück.

Der Wahl-Esslinger hat sich aber auch immer mit der Neuen Musik beschäftigt. „Schon vor meinem Studium kam ich bei Kursen an der Musikakademie Schloss Weikersheim in Berührung mit aktueller Musik.“ Die Begegnungen mit Größen der internationalen Komponistenszene bei den Darmstädter Sommerkursen fachten seine Begeisterung weiter an: Parallel zur flötistischen Weiterbildung in Basel folgte ein Kompositionsstudium an der Stuttgarter Musikhochschule bei Milko Kelemen. Dort lernte er nicht nur die Techniken zeitgenössischer Kompositionskunst, sondern entwickelte einen ganz persönlichen Stil.

Begeisterung für Neue Musik

Mittlerweile umfasst Albrecht Imbescheids breites Oeuvre neben Kompositionen für großes Orchester auch kammermusikalische Werke, Solostücke und Musik für Theater und Film. „Besonderen Spaß hat mir die abendfüllende Jugendoper ,Strandgut oder die kleine Seejungfrau‘ gemacht“: Imbescheid schrieb hierzu die Musik, für den Text und die szenische Umsetzung bei der Uraufführung in Ostfildern war seine Lebensgefährtin, die Sängerin Hilde Scheerer, zuständig.

„Musik ist essentiell für die Menschheit“. Dieses Credo bestimmt nicht nur sein künstlerisches Schaffen, sondern auch den Einsatz für zeitaktuelle Musik. Er war einer der Architekten der Neue-Musik-Szene in Stuttgart, organisierte von 1977 bis 1990 über 100 Konzerte für zeitgenössische Musik im Planetarium. Und er war einer der Protagonisten der Stuttgarter „Tage für Neue Musik“, dem heutigen Eclat-Festival.

Darüber hinaus hat der rührige Musiker, der auch Juror bei „Jugend musiziert“ ist, im Esslinger Kulturleben Akzente gesetzt. Mit dem damaligen Rektor der Hochschule für Kirchenmusik und Bernhard Tewes, dem früheren Volkshochschul-Chef, bündelte er ab 1998 die Esslinger Szene für Neue Musik in einem Festival, aus dem der Verein „ton-art Esslingen“ hervorging. Seit der Gründung 2005 ist er dort Vorsitzender. Angesichts der Fülle an Aufgaben ist der Musiker auch im Ruhestand gefordert: „Die Musik ist für mich ein Lebenselixier. Sie gibt viel Kraft und hält mich jung.“