Region. Ob Wiesenobst, Eichenlaub, heimische Kräuter oder gemahlene Steine - alles, was Jörg Geiger verarbeitet, wächst und findet man rund um Schlat. Vor rund 20 Jahren hat Jörg Geiger den elterlichen Gastronomiebetrieb „Lamm“, die dazu gehörende Brennerei und einige Hektar Streuobstwiesen in Schlat übernommen.
Schon sein Vater baute die Tafelbirne Gaishirtle an, um daraus Schnaps zu brennen. Viele alte Obstsorten stehen auf den Geigerschen Streuobstwiesen. Jörg Geiger fragte sich, was er mit dem Erbe anfangen könnte, außer Most zu pressen, der nicht mehr so gefragt ist. Im Gegensatz zu anderen bewahrte Geiger die alten Obstbäume, denn er setzt auf Kulturerhalt. Seine Hartnäckigkeit hat ihm Recht gegeben.
An den jahrelangen Rechtsstreit mit der Champagner-Lobby wegen Geigers Birnenschaumwein wird sich sicher mancher erinnern. Der Birnenschaumwein aus der Champagner-Bratbirne war der Anfang, mittlerweile steht eine große Manufaktur mit Abfüllanlage am Ortsrand von Schlat, und es sind schon unzählige Getränkekreationen entstanden.
„Made in Südwest“ heißt die Sendereihe des SWR, in die es jetzt auch der findige und kreative Schlater geschafft hat, denn: „Geiger und seine Produkte sind ja wirklich handgemacht im Südwesten“, sagt der Grünbacher Filmemacher Andreas Geiger, der seinen Nachnamensvetter ein Jahr lang begleitet hat.
Andreas Geiger ist überzeugt von der Mission des findigen Schlaters, denn er habe es geschafft, altes Wiesenobst wieder gesellschaftsfähig zu machen. „Er schafft den Spagat zwischen dem ländlichen Verständnis und dem globalen Gedanken“, meint der Filmemacher.
Auf Wertewandel gesetzt
Wertigkeit ist ein großes Stichwort bei Geigers Experimentierfreude, denn er scheut sich nicht, extravagante Wege einzuschlagen. Jörg Geiger probiert, verpaart alte Obstsorten mit heimischen Kräutern, versenkt Heu in den Getränketanks und wartet ab, wie sich der Geschmack entwickelt.
Ein Höhepunkt im Jahreslauf, die Ernte, darf im Film nicht fehlen. Wenn Wiesen nach reifem Obst duften, offenbart sich die Mission von Jörg Geiger: die sortenreichen Obstwiesen, die die Kulturlandschaft prägen, Refugien für Vögel, Insekten, Kleintiere und damit eine artenreiche Landschaft schaffen, die es ohne die Obstwiesen nicht gäbe, unbedingt zu erhalten. „Wiesenobst für Stuttgart“, heißt sein jüngstes Projekt: ein Holzhaus mit Probier- und Interaktionsmöglichkeiten, mitten auf der Königsstraße, zur Weihnachtsmarktzeit. Iris Ruoss