Wernau. Er beschäftige sich schon immer gerne mit der Zukunft und sei neugierig auf Neues. Dass dies auch mit dem Eintritt in den Ruhestand so bleiben wird, daran lässt Roger Kehle, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg, keine Zweifel. Der 67-Jährige freut sich auf die Freiheit, Zeit ohne das strenge Diktat des Terminkalenders verbringen zu können.
Nach einem Verwaltungsstudium wurde Kehle 1984 in Wernau Bürgermeister. „Das war eine spannende Herausforderung“, erinnert er sich gerne zurück. „Für mich war das mehr als nur ein Job.“ Immerhin sei es genau das gewesen, worauf er bis dahin stets hingearbeitet hatte. Bis heute ist er der Kleinstadt als Mitbürger treu geblieben. Das Quadrium und die Entwicklung eines Stadtplatzes in Wernau, was zu einem Zusammenwachsen von Steinbach und Pfauhausen geführt habe, sind dem gebürtigen Stuttgarter in besonderer Erinnerung geblieben. Nach rund 14 Jahren in Wernau bewarb sich der Christdemokrat um den Posten des Oberbürgermeisters in Esslingen, gewann die Wahl aber nicht. Der damalige SPD-Kandidat und seitdem amtierende Oberbürgermeister Jürgen Zieger machte das Rennen. Das war 1998. Heute blickt Kehle gelassen und ohne Gram zurück. Im Nachhinein hätten ihm die Erfahrungen auf seinem weiteren Weg geholfen.
Im Jahr 2000 wurde Kehle in Wernau erneut gewählt und blieb Bürgermeister bis 2007. Bereits zwei Jahre zuvor wurde er erstmals Präsident des Gemeindetags, nachdem er schon von 1996 an als Vizepräsident fungiert hatte. Die Rolle der Kommunen sei in den vergangenen Jahren gestärkt worden, ist Kehle überzeugt. Während der Flüchtlingskrise sowie während der Corona-Pandemie wurden die Gemeinden zum direkten Ansprechpartner der Bundesregierung. Das sei nicht immer so gewesen. Sowohl das Thema Integration als auch die Pandemie werden den Gemeindetag und seinen designierten Nachfolger, Steffen Jäger, weiterhin beschäftigen.
Auch wie es in den Innenstädten weitergeht und wie die Digitalisierung künftig ausgebaut wird, sind Themen, die der Gemeindetag weiter auf der Agenda hat. Hinzu kommt die Bekämpfung des Klimawandels und die wichtige Frage nach der Mobilität der Zukunft.
Während die Aufgaben des Gemeindetags also spannend bleiben, will Roger Kehle jedoch einen Schlussstrich ziehen. „Man sollte aufhören, solange noch jemand da ist, der den Weggang bedauert.“ Das Einzige, was ihn gräme, sei der Abschied unter Corona-Bedingungen. „Das hätte ich mir anders und viel persönlicher gewünscht.Philipp Braitinger