Nürtingen. Die Ausstellung im Nürtinger Stadtmuseum erzählt von einem Aufstieg auf den Dachboden, wie ihn vermutlich alle einmal erlebt haben: In Kisten und knisterndes Zeitungspapier eingepackt, warten die Geschichten und Geheimnisse unzähliger Kindergenerationen der vergangenen Jahrzehnte. Familien der Arbeiterklasse fertigten Spielzeugteile für Unternehmen in Heimarbeit, auch Kinder. Zum Spielen und für eigenes Spielzeug fehlten Freizeit und Geld. Auf der anderen Seite entstand die bürgerliche Kleinfamilie, bei der der Haushalt ins Private und der Lebensunterhalt ins Öffentliche rückten.
Spielzeug wurde zunehmend als Mittel dafür verwendet, um die Kinder auf die für sie zugedachten Rollen in der Gesellschaft vorzubereiten: Puppen, Puppenhäuser, -küchen und -herde für Mädchen, Baukästen, Dampfmaschinen, Fahrzeuge und Soldaten für Jungen. Es gilt aber auch: So oft Material, Form, Farbe und Umwelt sich änderten, sind viele Spielobjekte über die Jahrhunderte doch erstaunlich konstant geblieben, genau wie der Eigensinn der Kinder, mit den Dingen auch ganz anders als gedacht zu spielen oder die ihnen zugeschriebenen Rollen zu sprengen. Über sich berichtet Bürgermeisterin Annette Bürkner: „Als Kind war ich sehr viel draußen, mit Freunden im Garten, auf den Feldern, am Bach unterwegs, auf dem Roller, dem Fahrrad, in Rollschuhen. Viel mehr als die eine Puppe, die ich besaß, interessierte mich die Carrera-Bahn meiner Freunde. Da bin ich kein typisches Mädchen gewesen.“
In der Ausstellung geht der Blick auch in die Nürtinger Geschichte: Wo haben Nürtinger Kinder sich die Nasen an den Schaufenstern plattgedrückt? Wo haben Eltern rasch noch Weihnachtseinkäufe für den Nachwuchs erledigt? Welcher Laden wurde zur Institution? Spielen fördert nicht nur körperliche und geistige Fähigkeiten sowie soziale Kompetenzen. Es macht einfach eine Menge Spaß. Und daher bietet die Ausstellung im Stadtmuseum auch wieder ausreichend Gelegenheit, selbst aktiv zu werden: Zwischen historischen Brettspielen, Spielsteinen und Karten-Sets können Besucherinnen und Besucher ihr Gespür für Taktik, Geschick und Geduld in einem Brettspiele-Labor austesten. Dabei gilt es wieder ein Rätsel zu knacken. pm
Info: Die Ausstellung „Faszination Spielen“ ist bis zum 3. März dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags, sonntags sowie feiertags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.