Soll er mit 60 Jahren nochmals für eine zweite Wahlperiode antreten? Wie gründlich sich Klaus Däschler das überlegt hat, weiß Landrat Heinz Eininger aus mehreren Gesprächen sehr gut. „Sie haben schwer mit sich gerungen“, sagte er dem scheidenden Bürgermeister in der gut besetzten Neidlinger Reußensteinhalle. Er scheide „für viele überraschend“ aus. „Sie haben sich so entschieden, weil sie der Meinung waren, eine weitere volle Amtsperiode nicht garantieren zu können.“ Diese Entscheidung verdiene Respekt und drücke Däschlers Haltung aus: „Sie sind geradlinig, Sie sind ehrlich, Sie nehmen die Anliegen der Menschen ernst, Sie erwarten aber auch Ehrlichkeit von anderen.“ Eininger brachte auch einen sehr persönlichen Dank mit: „Als bei mir das Haus gebrannt hat, waren Sie einer der ersten, der mir geholfen hat, das habe ich nicht vergessen. In schwieriger Zeit zeigt sich der ganze Kerle.“
Eine gut aufgestellte Gemeinde
Eininger erinnerte daran, dass Neidlingen lange eine finanzschwache Gemeinde war. Auch dank der Ansiedlung von TTS Tooltechnic Systems und deren Gewerbesteuer sei die Gemeinde inzwischen solide aufgestellt. Mit geschicktem Handeln habe Däschler kleinere und größere Projekte finanziert, über die Jahre drei Millionen Euro investiert. Bei der Steuerkraft je Einwohner liege die Gemeinde aktuell auf Platz eins im Landkreis, ebenso bei der Liquidität pro Kopf. „Sie verlassen eine gut aufgestellte Gemeinde mit intakter Infrastruktur. Sie haben die Interessen der Gemeinde mit Verstand und Herzblut wahrgenommen.“ Eininger überreichte Däschler die silberne Landkreismedaille.
Eininger erinnerte an die 57,4 Prozent der Stimmen, mit denen Jürgen Ebler zum neuen Bürgermeister gewählt wurde, und überreichte ihm die Wahlprüfungsurkunde. „Sie haben ein anspruchsvolles Amt. Sie stehen in der Öffentlichkeit, Sie haben das Vertrauen der Mehrheit der Bürger bekommen.“ Die Gemeindeverwaltung in Neidlingen sei sehr schlank besetzt, deshalb sei es wichtig, dass sich Ebler schnell einfinde und einarbeite. „Auf einen Polizeibeamten folgt ein Polizeibeamter, ich gehe davon aus, dass Sie auch das verwaltungstechnische Rüstzeug mitbringen.“
In acht Minuten gab Klaus Däschler einen Überblick über wichtige Ereignisse in der Gemeinde in den vergangenen acht Jahren, da kam einiges zusammen. Er dankte „allen, die an meiner Seite standen“ und betonte erneut sein Selbstverständnis als „Dienstleister der Gemeinde“. Die leise Musik im Hintergrund war keine Panne, sondern von Däschler bewusst gewählt: Es erklang „Gute Nacht, Freunde“ von Reinhard Mey.
Transparenz und Offenheit
„Eine Ära geht zu Ende“, sagte Jürgen Ebler und bezog dies nicht nur auf die acht Jahre, sondern auf ein „erfülltes Berufsleben“ von Däschler. Er habe das Feld gut bestellt. „Wir alle müssen jetzt dafür sorgen, dass diese zarten Pflanzen gut anwachsen und wir in ein paar Jahren ernten können.“ Seinen bisherigen Chef wies Ebler darauf hin, dass Neidlingen im Polizeipräsidium liege: „Insofern verlieren Sie keinen Polizeibeamten, Sie gewinnen einen Bürgermeister.“ Für die „großen Aufgaben“ versprach Ebler „größtmögliche Transparenz und Offenheit“.
Für die Verwaltungsgemeinschaft sprach Barbara Born, Bürgermeisterin von Ohmden. Sie beschrieb Däschler als „ehrliche Haut und geschätzten Gesprächspartner“ und erinnerte daran, dass kommunale Aufgaben längst mehr an den Gemarkungsgrenzen enden.
Sie habe die Zusammenarbeit mit Däschler genossen, sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Daniela Einsele, die für den Gemeinderat sprach. Gemeinsam mit Dietmar Brendel als Vertreter der Vereine übergab sie Däschler das Geschenk, für das alle – Gemeinde, Gemeinderäte, Vereine, Schule und Kirchengemeinden – zusammengelegt haben: ein E-Bike. Ein alternativer Sitzplatz folgte anschließend vom Bauhof: Er hat dem scheidenden Bürgermeister mit Holz aus dem Neidlinger Wald eine Ruhebank gezimmert. Auf dieser nahm Däschler sogleich zum Gruppenbild mit allen Mitarbeitern der Gemeinde Platz. „Sie sind der unkonventionelle Vorgesetzte, den man sich nur wünschen kann“, sagte die Rathausmitarbeiterin Sonja Schweikert.
Die beiden letzten Grußworte vor dem Stehempfang kamen von den Pfarrerinnen Inga Kaltschnee und Ute Stolz. Eblers künftige Teamarbeit beschrieben sie mit dem Bild des menschlichen Körpers, in dem alle Organe zusammenwirken: „Selbst der kleine Zeh ist wichtig.“
Wie vor 60 Jahren
Die stellvertretende Bürgermeisterin Daniela Einsele erinnerte daran, dass der 28. Februar für Neidlingen ein bedeutendes Datum ist: Auf den Tag genau vor 60 Jahren wurde Ulrich Rieker als Bürgermeister von Neidlingen verpflichtet. Mit 25 Jahren war er damals der jüngste Bürgermeister der Bundesrepublik. Damit ging für Neidlingen eine bürgermeisterlose Zeit zu Ende.
Gleich Anfang März durfte der neue, selbst noch ledige Bürgermeister seine erste Trauung durchführen, er traute Erika und Hans Ruoß. Große Konstanz im Rathausteam, wie in den vergangenen acht Jahren, herrschte schon damals: Riekers Sekretärin Gretel Dosch konnte ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiern. pd