Zwischen Neckar und Alb
Auf Polizisten eingestochen

Prozess Der 30-Jährige, der im Juni auf zwei Polizisten eingestochen haben soll, muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten.

Esslingen. Der Angeklagte wirkt ruhig, als ihn die Justizvollzugsbeamten in den Sitzungssaal des Stuttgarter Landgerichts führen. Der 30-Jährige soll mit einer Schreckschusswaffe um sich geschossen und Polizisten mit einem Küchenmesser angegriffen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Totschlag und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor.

Am 21. November des vergangenen Jahres soll der Angeklagte eine Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus im Esslinger Stadtteil Brühl eingetreten und den Bewohner ins Gesicht geschlagen haben. Dabei habe er „nach einem nicht existenten Baby gerufen“, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Im Anschluss soll er im Treppenhaus mit einer Schreckschusswaffe geschossen haben. Laut Polizeibericht waren auch Spezialkräfte der Bereitschaftspolizei vor Ort, da zunächst von einer scharfen Waffe aus­gegangen worden war. Als die Polizei eintraf, sei der Schütze nicht mehr anzutreffen gewesen.

Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft sollte der Angeklagte am folgenden Tag psychiatrisch untersucht werden. Weil vermutet wurde, der Mann habe sich in der elterlichen Wohnung verschanzt, hätten die Polizisten Pfefferspray eingesetzt, um in sein Zimmer zu gelangen. Der Angeklagte habe einen Schlagring in der Hand gehabt. Laut Staatsanwaltschaft musste die Polizei Gewalt anwenden, um den Mann schließlich fesseln und in ein Kirchheimer Krankenhaus bringen zu können. Eine Aufnahme sei dort verweigert worden. Ein Polizist brach sich beim Kampf mit dem Angeklagten den Mittelfinger.

Stiche ins Schulterblatt

Etwas mehr als sechs Monate später soll die Mutter des 30-Jährigen die Polizei gerufen haben, weil ihr Sohn ihre Wohnung nicht verlassen wollte. Die Frau habe beim Eintreffen der Beamten angegeben, ihr Sohn habe Alkohol und Medikamente eingenommen und sich in einem Zimmer eingeschlossen. Die Polizei habe den Angeklagten „röcheln“ hören und deshalb eine gesundheitlich bedrohliche Situation vermutet. Daraufhin sei die Tür aufgebrochen worden.

Wie die Staatsanwältin vortrug, soll der 30-Jährige ein Küchenmesser mit einer neun Zentimeter langen Klinge hinter dem Rücken hervorgeholt und einen Polizisten an der Brust getroffen haben. Sowohl der Angeklagte als auch die Polizisten sollen im Laufe des Kampfes zu Boden gegangen sein, wobei sich ein Beamter Prellungen zuzog. Sein Kollege habe Stiche ins linke Schulterblatt erlitten sowie Schnitte am Unterarm. Zudem sei er in den Daumen gebissen worden. Auch der Angeklagte soll leicht verletzt worden sein. Rund zwei Stunden nach dem Vorfall sei bei dem Angeklagten ein Alkoholwert von 1,27 Promille festgestellt worden.

Weil der Verteidiger des 30-Jährigen nicht vor Gericht erscheinen konnte, hatte ein Kollege den Fall übernommen. In der Auftaktverhandlung wurde deshalb lediglich die Anklageschrift verlesen. Die Zeugen wurden auf einen späteren Termin geladen. Der Prozess wird am Dienstag, 17. November, ab 9.15 Uhr fortgesetzt. Julia Theermann