Das Alter sieht man dem rüstigen Blasmusiker nicht an. Der 83-jährige Erwin Oberlander gehört seit 70 Jahren aktiv zur Stadtkapelle Owen. Für sein Engagement und die langjährige Treue erhielt er kürzlich vom Vorsitzenden Holger Mache einen Ehrenbrief und die Ehrennadel in Gold mit Diamant. Seinem Instrument, der Trompete, ist er während der 70 Jahre währenden Musikkarriere treu geblieben. Dabei war das goldfarbene Blasinstrument nicht mal die erste Wahl. „Ich habe 1953 gemeinsam mit einem Schulfreund angefangen, und da dieser Trompete spielte, entschied ich mich auch für dieses Instrument“, erinnert sich Erwin Oberlander an den Beginn seiner musikalischen Laufbahn.
Nicht die erste Wahl
Unter dem damaligen Stadtkapellmeister Kurt Feller trat er mit 13 Jahren in den Musikverein ein. „Mangels Übungslokal haben wir privat in der heimischen Küche geübt“, berichtet Erwin Oberlander. Man habe gut 30 Minuten Musik geprobt, danach sei man zum Eier Einschlagen und Most Trinken übergegangen. Seine erste Trompete besitzt Erwin Oberlander immer noch. „Die habe ich zu Beginn von Wilhelm Schott gebraucht bekommen. Mittlerweile ist die Trompete 120 Jahre alt. Ich spiele sie zwar nicht mehr, aber ich gebe sie auch nicht her“, betont der Jubilar. Genau so, wie sein Marschbüchlein, das schon über 60 Lenze zählt. „Darin habe ich meine ersten Notenblätter gesammelt, das ist wie ein Heiligtum“, sagt Erwin Oberlander. Zusammen mit Trompete und Marschbüchlein spielte er im Verein bei unzähligen Konzerten, Beerdigungen und Ständchen. Besonders stolz ist er auf die Tatsache, dass er an allen Nationalfeiertagen in Owen, dem Maientag, gespielt hat. Bis auf ein einziges Mal, wie seine Ehefrau Brigitte anmerkt: „Da musste er sich einer Operation unterziehen.“ Seine Frau, die mit Mädchennamen passend zum Musikerleben Schubert hieß, lernte Erwin Oberlander über ihre Schwester kennen, mit der er die Schulbank drückte. Als er in der Kapelle begann, waren es zu diesem Zeitpunkt gerade mal 18 Blasmusiker. Die Zahl erhöhte sich in den folgenden Jahren. Der Geehrte erklärt: „Nach und nach kamen immer mehr Kameraden aus der Kriegsgefangenschaft zurück und traten dem Musikverein bei.“
Schnaps am frühen Morgen
Zu den schönsten Erlebnissen zählt Erwin Oberlander die etlichen Besuche in Kahnsdorf, nahe Leipzig. Mit dieser Kommune betreibt Owen eine lockere Städtepartnerschaft. Beeindruckend war für den Blasmusiker jeweils das Wecken am Owener Maientag. „Vor Jahren ging es da bereits um 4 Uhr in der Früh los, und bei jedem zweiten Haus gab es einen Schnaps. Da mussten wir aufpassen, dass wir nicht um acht Uhr morgens schon beschwipst waren“, lässt Erwin Oberlander die Vergangenheit schmunzelnd Revue passieren. In Erinnerungen schwelgend, fallen dem Trompeter noch weitere Anekdoten ein: „Wir hatten noch keine Handys, wo man Termine vereinbaren und speichern konnte. So kam es, dass ich beim Ständchen für die Hausmeisterin der Schule, Frau Russ, einen Tag zu spät und beim Zimmermann Häberle dafür einen Tag zu früh erschien.“
Zu seinem 80. Geburtstag gab es vom Musikverein ein Corona-Ständchen. Der Vorsitzende Holger Macho erinnert sich: „Wir haben uns jeweils mit Familienmitgliedern versammelt und uns mit gebührendem Abstand in verschiedenen Gärten vor dem Haus des Jubilaren versammelt.“ Trotz der 70-jährigen aktiven Musikerzeit ist Erwin Oberlander noch voll im Verein integriert, und der Gedanke ans Aufhören ist noch weit weg. „Wir lassen das Jahr mal zu Ende gehen, danach schauen wir weiter“, betont er. Solange seine Lunge und das Volumen das Trompeten noch hergeben, bleibe er dabei. Zum Beweis setzt er seine Trompete an, bläst, und hält den Ton, als wäre sein Atemorgan gerade mal 20 Jahre alt.