Innovation
Aus alten Reifen werden neue Straßen

Seit 70 Jahren steht die Wendlinger Firma Kurz Karkassenhandel für moderne Lösungen bei der Altreifen-Entsorgung. Da es sich um Verbundstoffe handelt, müssen sie gesondert verwertet werden.

Die Herrin der Altreifen: Geschäftsführerin Hanna Raff von der Firma Kurz Karkassenhandel. Foto: Kerstin Dannath

Durchschnittlich gesehen hält ein Autoreifen etwa 40.000 Kilometer – rund 650.000 Tonnen Altreifen fallen so jährlich in Deutschland an. In den Haus- und Sperrmüll dürfen abgefahrene Pneus nicht – sie sind Verbundstoffe und müssen gesondert verwertet werden. Eine spezielle Industrie kümmert sich um das Thema: Altreifenentsorger trennen und verwerten die Rohstoffe oder bereiten sie wieder auf.

Einer davon ist die Firma Kurz Karkassenhandel mit Stammsitz in Wendlingen. Und die feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum: Seit 70 Jahren steht das Unternehmen für innovative und nachhaltige Lösungen bei der Altreifenentsorgung. Was 1955 als kleines Familienunternehmen begann, hat sich zu einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb mit zwei Standorten entwickelt.

52 Mitarbeiter an zwei Standorten

Nachhaltigkeit wird in Wendlingen dabei schon immer groß geschrieben: „Das ist für uns eine Herzensangelegenheit“, bestätigt Geschäftsführerin Hanna Raff. Die Enkelin des Firmengründers Karl Raff stieg 2018 in die Geschäftsleitung ein, seit 2023 ist sie allein für die 52 Mitarbeiter an den beiden Standorten in Wendlingen und in Landau verantwortlich.

Bereits als Grundschülerin habe sie beschlossen, irgendwann die Firma ihres Opas zu übernehmen, erinnert sich die 40-Jährige. Nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau machte sie Nägel mit Köpfen. Unter ihrer Ägide wurde das Thema Nachhaltigkeit bei Kurz weiterentwickelt, unter anderem mit der Produktion von Gummimehl für den Einsatz als Straßenasphalt.

Produziert wird das Granulat aus großen Reifen etwa von Lastwagen oder Landwirtschaftsmaschinen in einer Schredderanlage im pfälzischen Landau. „Die Intention dazu stammt noch von meinem Großvater“, sagt Hanna Raff. Der hat die Idee aus Amerika mitgebracht, wo schon immer Gummi im Asphalt enthalten ist. Was im übrigen auch viele Vorteile habe: „Mit Gummi ist Asphalt haltbarer und wird um einiges geschmeidiger.“

Gummiasphalt auf dem Vormarsch

In der Region ist das bereits auf kommunaler Ebene teilweise angekommen, so haben beispielsweise die Städte Wendlingen und Kirchheim bei neuen Straßenbelägen bereits auf Gummiasphalt gesetzt. „Auf Landesebene ist da man leider nicht so mutig“, bedauert Hanna Raff. Auch die weiteren Einsatzmöglichkeiten des Gummigranulats sind groß, sie reichen von Transportbändern sowie Schutz- und Antirutschmatten über Sportbodenbeläge bis hin zu Schuhsohlen und Trittschalldämmung.

Leider sei es immer noch gängige Praxis, Altreifen in Drittländer zu exportieren: „Das ist billiger, als sie hier zu recyceln“, sagt Hanna Raff. So werden allerdings wertvolle Sekundärrohstoffe vergeudet, ganz zu schweigen von illegalen Deponien irgendwo in Asien: „Das ist ein absolutes No-Go.“ Deswegen setzt sich die Firma Kurz schon lange dafür ein, hier gesetzliche Regelungen zu schaffen und engagiert sich in diversen Organisationen und Verbänden wie etwa den Zertifizierten Altreifen Entsorgern oder dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. „Das ist uns sehr wichtig“, bestätigt Hanna Raff. „Unser 70-jähriges Bestehen ist ein Meilenstein, auf den wir sehr stolz sind. Gleichzeitig ist es für uns aber auch eine Verpflichtung, weiterhin Pionierarbeit zu betreiben und unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu leisten.“