Zwischen Neckar und Alb
Aus Biomüll wird Strom und Blumenerde

Kooperation Der Esslinger Biomüll soll in Leonberg vergärt werden. Das entstehende Biogas wird in Strom umgewandelt. Die Gärreste werden anschließend ins Kompostwerk Kirchheim transportiert. Von Roland Kurz

Die Landkreise Esslingen und Böblingen arbeiten schon lange zusammen. Böblingen ist am Kompostwerk in Kirchheim mit 20 Prozent beteiligt. Das Werk wäre 2021 abgeschrieben, und man könnte dann kostengünstiger arbeiten und die Gebühren senken. Aber ökologisch gibt es mittlerweile bessere Lösungen: Der Energiegehalt des Biomülls - heute sagt man Biogut - lässt sich energetisch ausnutzen. Die Grünen im Esslinger Kreistag haben deshalb schon bei den Haushaltsberatungen vor zwei Jahren eine weitere Verarbeitungsstufe gefordert.

Seither beschäftigt sich der Aufsichtsrat der Kompostwerk GmbH mit dieser Frage. Ende Juni hat der Aufsichtsrat dann beschlossen, die Erweiterung der Vergärungsanlage Leonberg anzustreben. Welche Gesellschaftsform sinnvoll ist und wie die Anteile verteilt werden, ist noch offen. Sie seien sich sicher, so teilten die beiden Landräte Roland Bernhard (Böblingen) und Heinz Eininger (Esslingen) mit, dass in einer vertieften interkommunalen Zusammenarbeit „großes Potenzial steckt und weitere Synergieeffekte“ erreichbar seien.

Ein Gutachten hat bereits einige technische Fragen und die möglichen Standorte Leonberg und Kirchheim unter die Lupe genommen. Am Standort Leonberg - an der ehemaligen Solitude-Rennstrecke und nahe der A8 gelegen - ist genug Platz zur Erweiterung. Es gibt kein Wohngebiet in der Nähe, das durch den Geruch beeinträchtigt wird, sagen zumindest die Gutachter von Awiplan-PPD. In Kirchheim liegt das nächste Wohngebiet 500 Meter entfernt - das führte vor allem in der Anlaufzeit des Kompostwerks zu erheblichem Ärger. Aus Sicht der Gutachter spricht für Leonberg zudem, dass man über Erfahrung mit der Vergärungstechnik verfüge, die dort 2005 die Kompostierung abgelöst hat.

Kontrovers hat man im Aufsichtsrat offenbar die Transportfrage diskutiert, weil der Biomüll aus dem Kreis Esslingen zunächst nach Leonberg gekarrt wird und die Reste zurück nach Kirchheim gehen. Allerdings werden schon jetzt Gärreste von Leonberg nach Kirchheim gefahren. Künftig könnten die LKWs auf ihrem Rückweg Biomüll mitnehmen. Zudem, so sagt Peter Keck, Sprecher des Esslinger Landrats, sei es von den Fildern nach Leonberg nicht weiter als nach Kirchheim. Gleichwohl werten die Gutachter den Transport des Gärrests als Faktor, „der sich in der Wirtschaftlichkeit bemerkbar macht“.

Wie viel Biomüll aus dem Kreis Esslingen zur Vergärung gebracht wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Derzeit verarbeitet Leonberg knapp 36 000 Tonnen Biogut. Wird die Kapazität um 20 000 Tonnen erweitert, muss die Geruchssituation der Anlage neu beurteilt werden. Das Genehmigungsverfahren ist eine Frage, die eine weitere Untersuchung klären soll. Auch die Forstverwaltung muss gehört werden. Außerdem, so heißt es in der Mitteilung der Landräte, müsse man prüfen, welche Auswirkungen das Leonberger Vorhaben auf das Kompostwerk in Kirchheim habe. Erste Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres vorliegen.

Für die Bürger würde sich durch die zusätzliche Verarbeitungsstufe wenig ändern, denn die Stromerzeugung bei der Vergärung macht die Investitionskosten wieder wett. Die Kosten für die Erweiterung werden auf zehn Millionen Euro geschätzt.