Stuttgart/Nürtingen. Seit Mittwoch müssen sich fünf junge Männer aus dem Raum Nürtingen wegen schweren gemeinschaftlichen Raubs und gefährlicher Körperverletzung vor der Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, Mitte Juni 2022 einen Mann in Nürtingen am späten Abend verletzt und ausgeraubt zu haben. Dabei soll dem Opfer auch eine Pistole in den Mund gehalten worden sein. Neben 800 Euro soll dem Opfer ein Smartphone geraubt worden sein.
Drei der fünf Verteidiger bestritten am ersten Verhandlungstag die Beteiligung ihrer Mandanten an der Tat. Zwei weitere Verteidiger erklärten außerdem, dass ihre Mandanten keine Pistole gesehen hätten. Von den fünf Angeklagten befindet sich nur einer derzeit in Haft.
Opfer kann noch nicht aussagen
Bereits wenige Stunden nach Verhandlungsbeginn wurde deutlich, dass sich die Aussagen der Angeklagten, die alle Anfang 20 sind, wesentlich von den bisherigen Angaben des Opfers unterscheiden. Wie tragfähig diese Verteidigungsstrategie sein wird, wird sich während der weiteren Verhandlungstage herausstellen. Zugute kommt den Angeklagten jedoch, dass sich das Opfer als Hauptbelastungszeuge aus Angst bislang nicht in der Lage sieht, vor Gericht auszusagen. Vielleicht wäre eine Aussage in einem anderen Raum mit einer Videoübertragung in den Gerichtssaal möglich, schlug der Vorsitzende Richter Peter Schöttler vor. „Aber das steht noch nicht fest“, sagte er.
Vor dem Hintergrund des holprigen Verfahrensbeginns mit mehreren langen Unterbrechungen stellte Richter Schöttler den Angeklagten eine Bewertung der Tat als minderschweren Fall in Aussicht. Dann hätten sie wohl selbst im Fall einer Verurteilung lediglich mit Bewährungsstrafen zu rechnen. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung am ersten Verhandlungstag unter den Angeklagten und ihren Begleitern im Zuhörerraum des Gerichtssaales. Es wurde ausgiebig gegluckst und gefeixt.
Frühere Erfahrungen mit dem Rechtssystem haben offensichtlich nicht dazu geführt, dass das Sitzen auf der Anklagebank eine Form der Ernsthaftigkeit auslöst. Die Atmosphäre im Sitzungssaal sechs entsprach zwischen den kurzen offiziellen Phasen der Verhandlung einer Mischung aus Sonntagsbrunch und Kindergeburtstag.
Von den Angeklagten und ihren Begleitern wurden die Verhandlungspausen unter anderem zur Diskussion darüber genutzt, welches Gefängnis das härteste sei.
Diskussion über Gefängnisse
Dass die sich nicht in Haft befindenden Angeklagten als Ergebnis des nun eröffneten Verfahrens eine Gelegenheit erhalten könnten, sich ihr eigenes Urteil über die Härte dieser oder jener Strafanstalt zu bilden, muss jedoch nach dem ersten Verhandlungstag in diesem Fall ernsthaft bezweifelt werden. Philipp Braitinger