In Großbettlingen, wo ich herkomme, sagt man „Bonoona“. Aber schon im nur zwei Kilometer entfernten Raidwangen heißt es „Banaana“. Damit umriss Landrat Heinz Eininger bei seiner Ansprache in Kurzfassung den Sinn der neuen Ausstellung im Freilichtmuseum Beuren. Es geht um die Vielfalt des schwäbischen Dialekts, der in unterschiedlichen Regionen und sogar Orten differenzierte lautliche Färbungen und sogar ganz andere Vokabeln für dieselbe Sache hervorbringt.
In Schautafeln und Hörbeispielen können Besucher diese bis zum 17. September erleben. Durch zahlreiche Interviews, die in den 1950er und 1960er Jahren und aktuell im ländlichen Raum geführt wurden, dokumentiert sich darüber hinaus ein tiefgreifender Wandel im Alltag der vergangenen 100 Jahre. Dieser ist ebenfalls Teil der Wanderausstellung des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen, die von der Uni, vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und vom Förderverein Schwäbischer Dialekt in Tübingen finanziert wird.
Bereits 2016, so Eininger, seien Besucher in der Ausstellung „Typisch schwäbisch“ mit den Finessen des Dialekts konfrontiert gewesen. „Breschdlengsgsälz und hälinge – diese Ausdrücke für ‚Erdbeermarmelade‘ und ‚heimlich‘ werden nicht überall verstanden.“ Seit 2019 könne man im Freilichtmuseum auch Führungen auf Schwäbisch buchen – „Ein Bestseller!“ Eininger, der unter den sehr zahlreich erschienenen Gäste der Eröffnung auch Mitglieder des Kreistags und des Fördervereins des Museums begrüßte, lud ein zu spannenden Entdeckungen.
Die Ausstellung, so Professor Hubert Klausmann in seinem Einführungsvortrag, sei von der „Arbeitsstelle Sprache in Südwest-Deutschland“ des Ludwig-Uhland-Instituts konzipiert worden. Gründer der Arbeitsstelle war Arno Ruoff, der anfangs noch zusammen mit Professor Hermann Bausinger Zeitzeugeninterviews im ländlichen Raum führte und sie auswertete. Das Arno-Ruoff-Archiv beinhaltet 800 Interview-Stunden, die, durch neue Tonaufnahmen ergänzt, die Grundlage der Ausstellung bilden, die Klausmann zusammen mit Dr. Mirjam Nest konzipierte. Klausmann hatte die Arbeit Ruoffs fortgesetzt und die noch vorhandenen Forschungslücken in Nord-Baden-Württemberg geschlossen. Die Gesamtergebnisse präsentiert er im neu erschienenen „Kleinen Sprachatlas von Baden-Württemberg“. Die historischen Interviewaufnahmen sind ebenfalls erhältlich.
„Nur zwölf bis 15 Prozent der Kinder können heute noch den Ortsdialekt sprechen“, so Klausmann. „Der Dialekt geht verloren. Dies liegt am Glauben, in Deutschland dürfe es nur eine Sprache geben und das ‚richtige Deutsch‘ sei nur in Norddeutschland zu hören.“ Das sei ein ebenso falsches Klischee wie die Überzeugung, in Hannover werde „das beste Hochdeutsch“ gesprochen. Vielmehr färbe jede Region die Sprache auf ihre Art und „reines Hochdeutsch“ finde man noch am ehesten bei den Nachrichtensprechern.
Sechs gelb umrandete Tafeln widmen sich den unterschiedlichen Spielrichtungen des Dialekts. Die Ausdrücke Pate, Fastnacht oder Häcker seien Beispiele, aber auch „Gaabl“ (Gomadingen) mit der Variation „Gawwel“ (Bruchsal) oder der „Quark“, der in anderen Gegenden „Luckeleskäs“, „Knollenmilch“ oder gar „Ziger“ heiße, ein uraltes Wort aus dem Keltischen.
Neun Stellwände in Orange lassen in Texten und Tonaufnahmen aus den Erinnerungen der ländlichen Bevölkerung alte Zeiten ab 1880 wieder auferstehen. Höchst zweifelhaft erscheint der Gedanke, früher sei „alles besser“ gewesen. Denn die Tage begannen in der Heuernte um drei Uhr morgens und wer krank wurde, hatte Pech. Denn einen Arzt holte man so gut wie nie und wenn doch, dann war es einer für „Mensch und Vieh“ oder der ominöse Heiler Morlock, der im Schwarzwald unterwegs war. Stark gewandelt hat sich auch das Freizeitverhalten. „Von der Lichtstube zum Motorradclub“ heißt die entsprechende Tafel.
Typisch Schwäbisches präsentierte anschließend die Schauspielerin und Komödiantin Ida Ott als „Rosa Pfefferle“ mit ihrem Programm „G´schwätzt wird, was auf da Tisch kommt!“ Das Publikum amüsierte sich köstlich über die Bemerkung, die Kelten seien nach der kalten Alb benannt oder ein sparsamer Schwabe nehme keine Microfasertücher, sondern generiere seine Putzlumpen wie eh und je aus alter Unterwäsche.