Eigentlich sind wir eine ganz normale Familie … die sich ihren Traum erfüllt hat. In unserem selbst ausgebautem Allrad-Lkw sind wir ein Jahr auf Reise gegangen“, beginnt einer der etwa 70 gedrehten Filme von und mit Franziska Rink und Thomas Riedel-Rink sowie Samuel, Raffael und Victoria aus Hattenhofen. Mittlerweile neun, sieben und sechs Jahre alt, drückt es ihre Mama so aus: „Unsere Kinder sind nicht nur groß geworden, sondern auch gewachsen.“
Der Ausgangspunkt, das Wagnis einzugehen, war ein familiärer Todesfall. Dadurch wurde dem Ehepaar klar: Der richtige Zeitpunkt dafür ist nie. Und weil man als Schwabe gut vorbereitet ist, haben der Diplom-Ingenieur und die Doktorin der Agrarwissenschaft der Tierernährung, beide sind Anfang 40, für ihr Ziel drei Jahre lang ein Viertel ihres Gehalts zurückgelegt und dabei eisern optimiert, hatten nur ein Auto und sind nicht essen gegangen.
Mit einem groben Plan im Hinterkopf haben sie ihre Reise eineinhalb Jahre lang vorbereitet. Behördengänge, Impfungen sowie den Großen von der Schule abgemeldet. Samuel wurde währenddessen von seinen Eltern unterrichtet.
Einige ihrer Reiseziele mussten aufgrund von Corona umgeworfen, verschoben oder ganz gecancelt werden. Im Internet haben sie ihre „Womi-Omi“ gefunden, einen bereits zum Wohnmobil umgebauten Magirus-Deutz 170 GF, Baujahr 1974 – das jedoch für ihre Zwecke nicht geeignet war. Drei Kinderbetten als Rückzugsort, nicht auf zusammengestückelten Polstern schlafen – ein Hochbett mit durchgehender Matratze, ein Spielkiste, das war Franziska wichtig. Wie viel Frischwasser soll mit, wie viele Tanks fürs Abwasser, was benötigt man an Gas und Batterien – Stück für Stück wurde geplant und von unten nach oben zuerst ausgebaut, um dann ihre fahrbare Wohnung effektiv nutzbar wieder einzurichten.
Thomas zählt auf, was alles ein- und angebaut wurde: Außendusche, Toilette, Filteranlage, 300-Liter-Tank, Kühlschrank mit Gefrierfach, Heizung und diverse Stauräume. „Strom, Licht, wir waren komplett autark.“ Musste bei der fast 50-jährigen alten Dame mit Vorab-Empfehlung des TÜVs unter anderem die „Stabilisator-Staubmanschette für mehr Power“ getauscht werden, hatte der geschickte Allrounder während der Reise so manches zu reparieren und zu ersetzen – umso erstaunlicher, dass 40 000 Kilometer später noch dieselben Reifen nach Hattenhofen rollten.
Als weitere Ausrüstung kamen knapp 30 Shirts, Hosen, Jacken, Bettwäsche, Flip-Flops, Wanderschuhe – die Klamotten wurden in Waschsalons gewaschen, getrocknet und bis zum Schluss abgetragen. „Wir hatten nie was vermisst … bis auf die Spätzlepresse“, verrät Franziska lachend und hat bei den „Deutschen Wochen“ eines Discounters in Spanien bei ihren Lieben für heimatliche Gefühle gesorgt.
„Das Schlimmste für mich wäre gewesen, dass die Kinder Heimweh haben, das war aber bei keinem der Fall. Im Gegenteil, sie sind offener geworden, und ‚fremd‘ ist für sie nicht mehr ‚fremd‘, das Wort ‚normal‘ war bedeutungslos und aus ihrem Vokabular gestrichen.“
Von den Gletschern Skandinaviens bis in die Sahara auf drei Kontinenten unterwegs und zwischendrin das Leben der Wikinger, Römer und Griechen haben sie in sich aufgesogen. Sie sind über Bergpässe, Lava, Sand und Felsen und durch Flüsse gefahren, haben acht Nächte auf Fähren verbracht und zusammen in warmen Quellen und eiskalten Bergflüssen gebadet. „Wir waren unter dem Meeresspiegel und auf 3000 Meter hohen Bergen“, berichten Franziska und Thomas davon, wie ihr „Chefkommentator“ Raffael „die Dinge auf seine Weise erklärt“.
Man musste sich vor Skorpionen und Bären in Sicherheit bringen und konnte mit Begeisterung Wale, Geier sowie Nordlichter und den qualmenden Ätna bestaunen. „Wir haben ganz viele erhebende und tiefe Momente erlebt“, so das Ehepaar und es nennt in diesem Zuge auch das Steckenbleiben im Wüstensand. „Die Kinder waren immer mittendrin, statt nur dabei“, verrät Franziska und ergänzt: „Zeitweise wars wirklich anstrengend, aber wir hatten ja ein Ziel vor Augen.“
Jeder der Erwachsenen hatte seine Aufgabe: Mann – offroad fahren, Frau: Routen planen. Dabei verbarg die digitale „Wanderkarte“ nahezu täglich eine Überraschung. Weit entfernt von den üblichen Touristenhochburgen unterwegs und stets von der Neugier weitergetrieben, bleibt den Globetrottern aus Hattenhofen so vieles im Gedächtnis. „Besonders die völlig wertfreien Gespräche, mit das offenste Land ist die Türkei“, machen Thomas und Franziska deutlich und ergänzen: „Jeden Tag sind mehr von diesen Vorurteilen gepurzelt. Die Menschen sind freundlich und wollten uns immer was geben, uns versorgen und nichts dafür nehmen.“ Unvergessene 13 Monate – gemeinsam würden sie es genauso wieder machen.