Weilheim · Lenningen · Umland
Bürgerentscheid Hungerberg: Der Alltag kehrt nach Dettingen zurück

Abstimmung Die Aussagen über das Ergebnis über den regionalen Vorhaltestandort sind sachlich. Der Blick ist nach vorne gerichtet, sämtliche Beteiligten wollen konstruktiv zusammenarbeiten. Von Iris Häfner

Am Tag nach dem Bürger­entscheid zum Hungerberg in Dettingen ist der Fokus von Bürgermeis­ter, Gemeinderat und Bürgerinitiative (BI) nach vorne gerichtet. Auch Vertreter der Region meldeten sich zu Wort. „Es war eine Sachentscheidung – nicht mehr und nicht weniger. Das Ganze ist jetzt klar geregelt“, sagt dazu Bürgermeister Rainer Haußmann. Die Wahlbeteiligung sei mit 73,6 Prozent sehr gut gewesen und somit das Ergebnis repräsentativ. „Es entzieht sich jeder Bewertung und Interpretation“, erklärt er.


Von den 4849 Wahlberechtigten gaben 3569 ihre Stimme ab. Im Gegensatz zur Bundestagswahl lag das Wahlalter bei 16 Jahren und nicht bei 18 Jahren. 2173 Dettingerinnen und Dettinger sprachen sich dafür aus, den Hungerberg in seiner jetzigen Form zu belassen, was 61,51 Prozent entspricht. 1360 Wählerinnen und Wähler hätten auf dem rund 21,5 Hektar großen Areal neben der Autobahn gerne Industrieansiedlung gehabt, was 38,49 Prozent entspricht. 36 Stimmen waren ungültig, also 1,01 Prozent.


„Der Vorhaltestandort war ein Angebot an die Gemeinde Dettingen zur Stabilisierung der Infrastruktur mit allen Wirkungen. Dieses Angebot wurde von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nicht angenommen“, sagt Rainer Haußmann. Er war klarer Befürworter für die Ansiedlung von Zukunftstechnologien. Jetzt gehe es einfach weiter. Die Sach­entscheidung könne und müsse verarbeitet werden und solle von niemand persönlich gewertet werden. „Wir ­leben in einer Demokratie und gehen jetzt sachlich zum Tagesgeschäft über. Jede Entscheidung hat Konsequenzen und wir starten nun in die nächs­ten Wochen und die nächsten Projekte“, so der ­Schultes.

 

Der Entscheid gibt einen starken Impuls für eine nachhaltige Entwicklung in Dettingen.
Michael Hahn

 


Michael Hahn, Sprecher der Bürgerinitiative, startet gut in die Woche. „Wir haben uns natürlich gefreut. Uns ist wichtig: Es wurde nicht in der Regionalversammlung, nicht im Rathaus oder im Gemeinderat entschieden, sondern von den Bürgerinnen und Bürgern hier im Ort. Das ist ein Signal, Politik funktioniert nicht mehr wie vor 30 Jahren“, sagt er. Es würden völlig veränderte Rahmenbedingungen herrschen. Als Beispiele nennt Michael Hahn Ressourcenknappheit, Artensterben und neue Wege der Informationsbeschaffung. Der Klimawandel sei zwischenzeitlich vor der Haustür angekommen, die Menschen seien selbst betroffen. „Ich glaube nicht, dass die Gräben in Dettingen so riesig und tief sind, wie behauptet wird“, blickt er zuversichtlich in die Zukunft. „Es war ein guter Tag für die Gemeinde, die Umwelt, die Landwirte und nicht zuletzt für die Kirchheimer. Vor allem die, die in der Bohnau wohnen, können sich freuen, dass sie den Hungerberg in ihrer Freizeit nutzen können“, erklärt der Sprecher.


„Für mich verlief der Bürgerentscheid enttäuschend, ich kann ihn aber voll akzeptieren und nachvollziehen“, erklärt Andreas Hummel von der CDU/FWV-Fraktion. Tiefe Gräben gibt es seiner Einschätzung dadurch nicht im Dorf, höchstens bei einzelnen Personen. „Probleme treten nur dann auf, wenn man nicht zwischen Sache und Personen trennen kann“, ist er überzeugt und zieht einen Schlussstrich. Zudem verweist er auf die gemeinsame Erklärung von BDS (Bund der Selbständigen), BI und Gemeinderat, die im Gemeindeblatt vor dem Bürgerentscheid erschienen war. Tenor: keine spalterischen Tendenzen, dafür faires, respektvolles und demokratisches Miteinander. „Ich habe den Vorhaltestandort als Chance für Dettingen gesehen, um Einnahmen generieren zu können. Jetzt werden wir im Gemeinderat überlegen, wie wir das ohne den Hungerberg schaffen, und gehen zur Tagesordnung über“, sagt Andreas Hummel.


Sehr zufrieden mit dem eindeutigen Ergebnis ist Peter Beck von der Grünen-Fraktion. Die Bebauung des Hungerbergs wäre aus seiner Sicht keine gute Option für Dettingen gewesen. „Ich hoffe, dass der Bürgerentscheid lange seine Gültigkeit behält und nicht in ein paar Jahren vom Tisch gewischt wird. Das ist ein Signal der Bürgerschaft, keine Industrie auf der grünen Wiese zu entwickeln“, erklärt er. Peter Beck sieht den Prozess positiv. „Es haben sich persönliche Gespräche und Kontakte eröffnet, die sich sonst nicht ergeben hätten. Es haben sich neue Freundschaften gebildet.“