Lenninger Tal
Bürgermeister wollen handeln

Wirtschaft Lenningen, Owen und Erkenbrechtsweiler versprechen sich von Standortstudie zu Handel, Gewerbe und Tourismus Chancen. Das Stuttgarter Büro Reschl Stadtentwicklung leitet das Projekt. Von Anke Kirsammer

Nicht mit Ellenbogen gegeneinander, sondern im Schulterschluss wollen Owen, Lenningen und Erkenbrechtsweiler die Zukunft in die Hand nehmen. Eine interkommunale Standortstudie Handel, Gewerbe und Tourismus soll Lösungen aufzeigen, wie dem Strukturwandel mit abwandernden Einwohnern und dem teilweisen Abbau von Arbeitsplätzen begegnet werden kann. Den Startschuss gab ein Pressegespräch mit den drei Bürgermeistern sowie Vertretern des beauftragten Stuttgarter Büros Reschl Stadtentwicklung im Owener Rathaus.

Besonders betroffen vom Arbeitsplatzabbau ist Lenningen. Von 2001 bis 2014 ging die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in der Gemeinde arbeiten, von 2 200 auf rund 1 860 zurück. Hauptgrund ist der Abbau in der Papierfabrik Scheufelen. Die „unsichere Zukunft“ dieses nach wie vor großen Arbeitgebers ist für Bürgermeister Michael Schlecht die Herausforderung. Er knüpft an die Studie den Wunsch, den Einwohnern am Wohnort mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze bieten zu können. „Wir wollen keine Schlafstätten werden“, so Schlecht. Bis zu 100 Kilometer zur Arbeit zu pendeln, soll den Menschen nicht länger zugemutet werden.

Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger sieht in der Standortstudie insbesondere die Chance, bessere Möglichkeiten für den Handel und Direktvermarkter auszuloten. „Die Leute sollen etwas davon haben, dass Tagestouristen kommen.“ In einem Atemzug nennt sie als weiteres Ziel den Erhalt der Kulturlandschaft. Unabhängig davon, ob Naherholungssuchende nach Owen, Lenningen oder Erkenbrechtsweiler kommen, geht es ihr darum, ein attraktives Gesamtpaket zu schnüren.

Aufgrund der Struktur der Gemeinde legt Roman Weiß, Bürgermeister von Erkenbrechtsweiler, den Schwerpunkt wie seine Owener Kollegin ebenfalls auf den Tourismus. Denn wie den beiden anderen Kommunen sind dem Dorf auf der Alb durch den Naturschutz bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen die Hände gebunden.

Befragung sämtlicher Betriebe

„Wir brauchen deshalb andere Konzepte“, so lautet die Direktive von Professor Richard Reschl, Chef des Projektteams. Er setzt auf die städtebauliche Ebene: „Wir müssen etwas machen, damit Leute gerne herkommen.“ In der attraktiven Natur im Tal und auf der Hochfläche sieht der Soziologe und Stadtplaner „unglaubliche Potenziale“. Die wunderschöne Landschaft sei trotz aller Unterschiede die Gemeinsamkeit. Dennoch seien Gastronomen und Direktvermarkter kein Ersatz für die gewerbliche Entwicklung. „Die Gewerbesteuer kommt aus den Unternehmen“, gibt Reschl zu bedenken.

Geplant ist bis Dezember eine Analysephase, in der Daten und Konzepte gesichtet und aufbereitet werden. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse werden Anfang 2017 sämtliche Betriebe, darunter auch gastronomische und landwirtschaftliche, schriftlich befragt. Zudem interviewt das Team um Reschl 20 Persönlichkeiten aus den verschiedenen Bereichen ausführlich. Dritter Schritt ist das Entwickeln von Zielen. „Hier müssen wir in langen Leitlinien denken“, so Reschl. Unter dem Motto „Wir packen es an“, wünscht er sich durch die Studie eine Aufbruchstimmung in den drei Gemeinden.

Begleitet wird das neun Monate dauernde Projekt von einem Beirat aus Bürgermeistern, Gemeinderäten, Vertretern der IHK und der Kreishandwerkerschaft, der Agentur für Arbeit sowie der Wirtschaftsförderung des Landkreises und der Region. Letztere unterstützen die 35 000 Euro teure Standortstudie mit jeweils 5 000 Euro.