Weilheim und Umgebung
Bad Boll verabschiedet sich von der Kurtaxe

Obolus Die Gemeinde zieht Konsequenzen aus rechtlichen Bedenken. Zuletzt waren’s nur noch 15 Cent pro Tag.

Bad Boll. Die Kurgemeinde Bad Boll sieht sich veranlasst, auf die Kurtaxe zu verzichten, die Übernachtungsgäste im ehemaligen Bad Boll rund um das Kurhaus berappen müssen. Grund sind zunehmende rechtliche Bedenken. Das eröffnete Kämmerer Christian Gunzenhauser dem Gemeinderat. Bad Boll sei eine atypische Kurgemeinde, sagt er, und ein erhebliches Manko sei, dass die Gemeinde nicht die Eigentümerin des Kurparks ist. Den pflegt sie zwar, weil sie ihn als öffentliche Grünanlage betrachtet. Aber die Kuranlagen gehören dem Christophsbad. Gunzenhauser sieht, wie sich die Rechtsprechung entwickelt und zieht daraus die Konsequenzen. Man solle die Kurtaxe zum Jahresende auslaufen lassen. Der Gemeinderat folgte dieser Beurteilung ohne Diskussion. Einstimmig gab das Gremium diese langjährige Einnahme auf.

Die Bedeutung ist allerdings geschrumpft. Die Kurtaxe in Bad Boll beträgt gerade noch 15 Cent pro Tag und Gast. 30 Cent waren’s vor 17 Jahren und zuvor 1,25 Euro, die für Übernachtungen im Kurhaus, in der Evangelischen Akademie und im Hotel Seminaris fällig waren. Das Geld nahm die Gemeinde für den Aufwand, den sie für den Tourismus leistet. Allerdings nicht für die Kosten des Tourismusbüros, stellt Gunzenhauser klar.

Aber auch mit 15 Cent pro Übernachtung kamen in Bad Boll jetzt noch 10 000 Euro im Jahr zusammen. Die gehen der Gemeinde künftig verloren, und gleich noch 22 500 Euro dazu, weil es mit der Abschaffung der Kurtaxe auch kein Geld mehr aus der so genannten Fremdenverkehrslastenpauschale gibt. Der Kämmerer lässt durchblicken, dass diese Pauschale wegen der „bescheidenen Ausstattung“ im Tourismusbüro ohnehin auf erhebliche rechtliche Bedenken stoße.

 

Musterprozess verloren

Mit der Rechtslage der Kurtaxe musste sich Bad Boll schon einmal auseinandersetzen – mit einem schmerzlichen Ergebnis. Eine Klägerin machte in einem Musterprozess geltend, dass Gäste, die beruflich zu Tagungen und Konferenzen kämen, keine Kurtaxe bezahlen sollten, weil diese keine „Aufenthaltssteuer“ an einem Kurort sei. Dem gab der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim statt. Und so verlor Bad Boll ein Drittel seiner Kurtaxe. Auch andere Städte und Gemeinden mussten kürzer treten. In Baden-Baden, so ging es damals durch die Presse, wurden Tagungs- und Kongressgäste von der Kurtaxe befreit. Das war vor annähernd 20 Jahren.

Die Gemeinde hat damals die sinkenden Einnahmen kompensiert, indem sie ihren Tourismus-Aufwand zurückgefahren hat. Allerdings musste sie dann auch die Kurtaxe nach unten korrigieren. Bad Boll hatte einmal ein Fremdenverkehrsamt mit drei Fachkräften. Heute ist Sabine Gorol das Tourismusbüro in Person.

Der Gemeinderat hat die Kurtaxe beerdigt – am Engagement für den Tourismus soll sich nichts ändern. So sehen das Gemeinderat und Bürgermeister Hans-Rudi Bührle, der in mehreren Tourismusverbänden das Interesse der Gemeinde wahrnimmt. Bad Boll will weiterhin um Touristen werben und gute Partnerschaft mit den Beherbergungsbetrieben pflegen. Jürgen Schäfer