Wirtschaft
Balluff streicht jede neunte Stelle

Die Firma Balluff will Personal reduzieren. Laut Unternehmen sind 400 Stellen betroffen, ein großer Teil am Stammsitz des Sensor- und Automatisierungsspezialisten in Neuhausen bei Esslingen.

Balluff hatte in Neuhausen zuletzt kräftig investiert. Foto: Ines Rudel

Die Reihe der Rekordumsätze für den Sensor- und Automatisierungsspezialisten Balluff ist offenbar abgebrochen. Im vergangenen Sommer hatte sich das Neuhausener Familienunternehmen noch über ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2023 gefreut. Allerdings auch schon da die schwierigen Rahmenbedingungen einer schwächelnden Weltwirtschaft genannt und Kurzarbeit eingeführt. Einige Monate später kündigt die Geschäftsführung nun Personalreduzierungen an.

Von den weltweit 3700 Stellen seien circa 400 betroffen, davon circa 275 am Stammsitz Neuhausen, teilte das Unternehmen mit. Das bedeutet, dass in etwa jede neunte Stelle in Gefahr ist. Nun beginnen die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abbau.

Bisherige Maßnahmen reichen nicht

Auch die Mitarbeiter sind inzwischen informiert worden. Als Begründung nennt Balluff die schwierige wirtschaftliche Situation im vergangenen Geschäftsjahr, aufgrund derer das Unternehmen die Notwendigkeit sehe, seine Struktur anzupassen. Bereits 2024 habe Balluff darauf mit Kos­tenreduzierung weltweit reagiert. „Große Teile der Belegschaft an den deutschen Standorten befinden sich seit Mitte des Jahres in Arbeitszeit- und Entgeltreduzierung beziehungsweise seit Herbst in Kurzarbeit“, heißt es. Allein – das reichte offenbar nicht. Viele Kundenprojekte aus dem Bereich der Automobil- und Zulieferindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau seien verschoben oder komplett gestoppt worden, heißt es zur Erläuterung weiter. Die Unsicherheit im Markt sei weiterhin sehr groß.

„Auf die veränderten Rahmenbedingungen kann das Unternehmen nicht allein mit temporären Maßnahmen wie Kurzarbeit reagieren“, begründet Firmenchefin Katrin Stegmaier-Hermle der Pressemitteilung zufolge. „Wir bedauern, diesen Schritt gehen zu müssen, und werden die geplanten Maßnahmen so sozialverträglich wie möglich gestalten. Jedoch sehen wir keinen anderen Weg, die Wettbewerbsfähigkeit der Gruppe für die Zukunft zu sichern.“

Die IG Metall Esslingen appelliert an die Industriearbeitgeber, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Arbeitsplätze zu erhalten. „Balluff hatte 2023 das umsatzstärkste Jahr seiner Firmengeschichte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dafür rangeklotzt. Und jetzt sollen sie auf die Straße gesetzt werden“, sagt Max Czipf, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen, in einer ersten Stellungnahme. Dabei sei er fest davon überzeugt, dass Balluff mit seinen Sensoren ein fantastischen Produkt habe, das man in sehr vielen Anwendungsbereichen brauche.

Deindustrialisierung befürchtet

„Es ist ein weiterer Schlag ins Kontor“, sagt der IG-Metall-Vertreter und blickt auf andere Unternehmen im Kreis Esslingen. Bosch baue Stellen ab in Leinfelden-Echterdingen, ebenso Metabo in Nürtingen. Und wie es bei Eberspächer weitergehe, wisse man noch nicht, sagt Czipf mit Verweis auf ein Interview, in dem der Eberspächer-Chef Martin Peters von notwendigen Kosteneinsparungen sprach – und der Hoffnung, dass diese ohne Kündigungen möglich sind.

Czipf sieht die Arbeitgeber in der Verantwortung, einer möglichen Deindustrialisierung des Standorts – die von verschiedenen Seiten immer wieder als Befürchtung geäußert wird – entgegenzuwirken. Dafür versuche die IG Metall politisch alle Hebel in Bewegung zu setzen. Am Balluff-Stammsitz Neuhausen werde zwar nicht mehr produziert, doch es handele sich um gut bezahlte, tarifgebundene Arbeitsplätze, die mit den Plänen der Geschäftsführung verloren gingen. „Ich finde, die Arbeitgeber sind in der Verantwortung, nicht jede Gelegenheit zu nutzen, sich einen schlanken Fuß zu machen“, sagt Czipf. Vielmehr sei jetzt die Zeit, in der investiert werden müsse. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat des Unternehmens beginnen erst. „Im Moment sitzt der Schock bei uns als Betriebsrat und in der Belegschaft sehr tief“, sagt dessen Vorsitzender Dennis Eismann. Derweil hatte sich Balluff zuletzt zu Neuhausen als Firmenzentrale und Innovationsstandort mit einem neuen Gebäude bekannt.