Lenninger Tal
Banges Hoffen auf Neustart

Wirtschaft Die Friseurmeisterin Jasmin Dreiseitel steht durch den Lockdown finanziell mit leeren Händen da. Barner Schuhe wartet mit Frühjahrsware auf Käufer. Von Anke Kirsammer

Jasmin Dreiseitel klingt verzweifelt: Vor knapp zwei Jahren hatte die Friseurmeisterin in Owen ihren eigenen Salon aufgemacht. Sieben Wochen durfte sie nun keine Haare mehr schneiden. Beim ersten Lockdown blieb die „Haarkammer“ schon einmal für sechs Wochen zu. „Wenn mein Freund als Fliesenleger nicht mehr arbeiten dürfte, wüsste ich nicht, wie ich mir die Butter fürs Brot kaufen sollte“, sagt sie. Ihre laufenden monatlichen Kosten für Miete, Strom, ihre beiden Mitarbeiterinnen und Sozialabgaben schätzt die 26-Jährige auf locker 4500 Euro. Was ans Finanzamt gehe und der eigene Lebensunterhalt seien da noch gar nicht mitgerechnet.

Für die Zeit des zweiten Lockdowns hat die Friseurin vom Staat noch keinen Cent bekommen. Laut Steuerberaterin sei sie zwar grundsätzlich berechtigt, einen Antrag zu stellen, doch rechnet sie frühestens im März mit einer Unterstützung. In welcher Höhe ist noch völlig unklar. „Bis zum letzten Frühjahr musste ich mir nie Gedanken machen, ob ich die Miete oder meine Leute noch zahlen kann. Es lief von Anfang an bombastisch“, sagt Jasmin Dreiseitel. Jetzt stehe sie finanziell mit dem Rücken zur Wand. Zwar hatte ihr der Vermieter angeboten, die Miete zu stunden, doch das ist für die Friseurin keine Option. Irgendwann müsse sie das Geld ja bezahlen. Einmal in der Woche geht sie derzeit in den Salon, um Blumen zu gießen und aufzuschreiben, welche Kunden auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterlassen haben. Nicht selten wird sie gebeten, auf einen Kaffee vorbeizukommen und schwarz zu arbeiten. „Mir blutet zwar das Herz, aber das mache ich nicht“, betont die Friseurmeisterin. „Wenn ich mitbekäme, dass meine Angestellten das anbieten, wäre das für mich ein Kündigungsgrund.“ Sie setzt nun ihre Hoffnung darauf, Mitte Februar wieder öffnen zu dürfen. „Wenn wir nicht aufmachen können, müsste ich meine Eltern fragen, ob sie mich unterstützen, aber das ist das Letzte, was ich will. „Ich möchte in meinen Laden kommen und sagen, du hast dir was Cooles aufgebaut. So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen.“

Auch das seit 125 Jahren bestehende Owener Traditionsgeschäft Barner Schuhe trifft der Lockdown. „Wir hoffen schwer, dass wir demnächst wieder aufmachen dürfen“, sagt Inhaber Klaus Barner, der von der härtesten Zeit spricht, die er als Chef in den vergangenen 25 Jahren erlebt hat. Der Umsatz ist in den vergangenen Wochen um 80 Prozent eingebrochen. Trotz geschlossener Ladentür hat er von morgens bis abends in seinem Geschäft zu tun. Die neun Mitarbeiter sind zu 100 Prozent in Kurzarbeit. „Dass die Kunden inzwischen wieder Ware bestellen und abholen dürfen, hat uns ein bisschen geholfen“, sagt er. Die Anfragen kommen per E-Mail oder telefonisch. Entweder macht er den Interessenten ein bebildertes Angebot, oder er sucht für sie eine Auswahl an Schuhen zusammen, die sie dann mitnehmen und zu Hause anprobieren können. Ein Vorteil ist, dass er viele Stammkunden hat und weiß, was sie suchen. Die Filialen in Kirchheim und Wendlingen sind zurzeit komplett zu. Auch von dort kommen deshalb Kunden nach Owen.

Sehr gut nachgefragt sind Outdoorschuhe wie Wanderstiefel und Walkingschuhe. Auch zahlt es sich aus, dass das Geschäft ein Segment mit Schuhen für Menschen mit Fersensporn oder anderen orthopädischen Problemen hat. „Das bestellen die Leute weniger im Onlinehandel“, sagt Klaus Barner. Er selbst hat den Verkauf über eine Online-Plattform wieder eingestellt. Die Gründe sind schnell aufgezählt: „50 Prozent der Ware kommt zurück, die Plattformbetreiber verlangen 20 Prozent Provision, und außerdem zahlt man Portokosten für den Versand und die Retouren. Das endet in einem katastrophalen Verlust.“ Einen eigenen Onlinehandel aufzubauen, dauere Jahre und sei sehr teuer.

Als hätte er geahnt, dass Corona das Geschäft in der Wintersaison verhageln könnte, hatte der Händler weniger Winterschuhe geordert als sonst. Trotzdem ist das Lager bei Weitem nicht leer. In den nächsten Tagen wird die Frühjahrsware in die Regale geräumt. Außerdem hat Klaus Barner den Lockdown genutzt, um die Wände in seinem Owener Geschäft frisch zu streichen. Für eine Öffnung wäre damit also alles vorbereitet.