Hospizdienst Kirchheim
Begleitung auf dem letzten Weg

Seit 30 Jahren gibt es den Hospizdienst Kirchheim. Zwei Sterbebegleiterinnen und die beiden hauptamtlichen Koordinatorinnen berichten über ihre Arbeit.

Margot Fuchs, Sandra Beck, Bärbel Wittemann und Angelika Bauer (von links) vom Hospizdienst.  Foto: Philip Sandrock

Sterben gehört untrennbar zum Leben. Doch in den schwersten Momenten des Abschieds wünschen sich viele, diesen Weg nicht allein gehen zu müssen. Unsicherheit, ­Ängste und emotionale Belastungen prägen oft die letzte Lebensphase von Sterbenden und ihren Angehörigen. Hier bietet der Hospizdienst Kirchheim Unterstützung: Ehrenamtliche Sterbebegleiter besuchen Menschen in ihren Wohnungen oder Pflegeheimen und stehen ihnen in dieser 

schwierigen Zeit bei. „Der Sterbende führt und wir begleiten“, betonen die Koordinatorinnen Sandra Beck und Angelika Bauer, die dabei großen Wert auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen legen.

 

Das Thema Tod und Sterben wird in vielen Familien verdrängt.

Bärbel Wittemann, ehrenamtliche Sterbebegleiterin 

Der Dienst ist auch in Wendlingen aktiv, da die Träger des Angebots neben der Evangelischen und Katholischen Gesamtkirchengemeinde Kirchheim auch der Diakonieverein Wendlingen sind. Am 13. Oktober feiert der Dienst sein 30-jähriges Bestehen im Treffpunkt Stadtmitte.

Seit 22 Jahren im Ehrenamt

Bärbel Wittemann und Margot Fuchs sind zwei der Begleiterinnen. „Ich bin relativ neu und mache das erst seit vier Jahren“, sagt Wittemann. Fuchs hingegen engagiert sich bereits seit 22 Jahren für den Hospizdienst und hat in dieser Zeit zahlreiche Menschen begleitet. Beide kommen aus Wendlingen.

Sie gehören zu den insgesamt 30 Ehrenamtlichen, die von den beiden Hospizdienst-Koordinatorinnen unterstützt werden. In der Geschäftsstelle in der Kirchheimer Alleenstraße laufen alle Fäden zusammen. Beck und Bauer beraten Angehörige und vermitteln die Sterbebegleiter, organisieren aber auch die Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen. Das kostenlose Hilfsangebot ist bewusst niederschwellig und unbürokratisch angelegt. Im Mittelpunkt des Hospizgedankens stehe ein würdevolles Sterben in der gewohnten und vertrauten Umgebung – und das bei möglichst hoher Lebensqualität.

Deshalb stehen der Sterbende und dessen Bedürfnisse im Fokus der Begleitarbeit. „Sich ganz auf die Bedürfnisse eines Sterbenden einzulassen, muss man erst lernen“, sagt Wittemann. Die Ehrenamtlichen werden dafür fundiert ausgebildet. 100 Unterrichtsstunden in einem neunmonatigen Qualifizierungskurs sind vorgeschrieben, bevor sie helfen dürfen.

„Das Thema Tod und Sterben wird in vielen Familien verdrängt“, sagt Wittemann. „Es ist unangenehm, sich damit auseinanderzusetzen, besonders wenn es die nächsten Angehörigen betrifft“, ergänzt Beck. Hier sieht sich der Hospizdienst auch als Türöffner. Denn die Ehrenamtlichen sind auch Ansprechpartner für die Angehörigen.

Doch manchmal können auch die Ehrenamtlichen nur hilflos zusehen. Fuchs berichtet von einem Fall, bei dem die Kinder das Haus der schwer kranken Mutter verließen, weil sie es seelisch nicht mehr ertragen konnten.

Wittemann erklärt, dass ihr besonders die Fälle nahegehen, in denen Menschen abrupt aus ihrem Leben gerissen werden. „Oft hören wir Geschichten von Menschen, die Pläne für die Zeit nach dem Ruhestand hatten.“ Reisen, Hobbys oder die Familie sollten endlich mehr Raum im Leben bekommen, doch dann endet dieses oft viel zu früh.

Detaillierter werden die Berichte aus der Arbeit der Ehrenamtlichen nicht – sie unterliegen der Schweigepflicht. Doch wie verarbeiten sie ihre oft belastenden Erfahrungen? Dafür bietet der Hospizdienst ein monatliches Treffen zum gegenseitigen Austausch und zur Unterstützung an. Ziel ist es, dem Sterben einen Teil seines Schreckens zu nehmen. „Das Sterben gehört zum Leben“, sagt Wittemann. Deshalb sei es wichtig, diesen Weg würdevoll zu begleiten. Der Tod eines Menschen werde oft als Versagen betrachtet – das sei vor allem im Krankenhausumfeld der Fall, wo Ärzte bis zuletzt um das Leben der Patienten kämpfen. Doch auch hier beobachteten die Ehrenamtlichen ein Umdenken. Die Palliativmedizin habe in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. „Früher war das Thema Schmerzen bei Menschen mit Krebs ein großes Problem“, berichtet Fuchs. Ärzte hätten starke Schmerzmittel wie Opioide nur sehr zurückhaltend verschrieben. „Die Begründung war stets, dass diese abhängig machen.“ Doch welche Rolle spiele das bei einem todkranken Menschen, dessen Leid dadurch gelindert werden könne? Zum Glück habe sich diesbezüglich ein Umdenken vollzogen.

Die Arbeit als Sterbebegleiter gebe aber auch den Ehrenamtlichen etwas zurück. „Ich habe eine andere Seite von mir kennengelernt“, sagt Wittemann. Die pensionierte Lehrerin war zuletzt Konrektorin einer Realschule. Sich völlig zurückzunehmen und sich auf andere einzulassen, gehöre dort nicht unbedingt zum Berufs­alltag.

Die Entscheidung, sich für den Hospizdienst zu engagieren, haben beide Ehrenamtliche bewusst getroffen. „Ich hatte ein gutes Leben, dafür bin ich dankbar“, sagt Wittemann. „Deshalb wollte ich anderen Menschen etwas zurückgeben.“

Theaterstück mit Empfang

Am kommenden Sonntag, 13. Oktober, findet um 18 Uhr im Treffpunkt Stadtmitte das Theaterstück „Ich erinnere mich genau“ statt. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei, jedoch wird um eine Spende gebeten. Das Stück thematisiert eine Mutter-Tochter-Beziehung, die durch die Demenzerkrankung der Mutter auf eine harte Probe gestellt wird. Die Hauptrollen spielen Christine Reitmeier und Liza Sarah Riemann, die Regie führt Brian Lausund. Veranstaltet wird das Stück vom Hospizdienst Kirchheim anlässlich seines 30-jährigen Bestehens. Im Anschluss an die Aufführung gibt es einen Empfang mit Grußworten von Pfarrer Peter Brändle und Bürgermeister Steffen Weigel. Im Rahmen der Veranstaltung werden außerdem zwölf neue Ehrenamtliche Sterbebegleiter begrüßt. ps