Alte Liebe rostet nicht. Wie die Faust aufs Auge trift dieses Sprichwort auf Eduard Haas aus Filderstadt zu. In seinem Haus stehen, man mag es kaum glauben, 28 alte Motorräder, die teilweise älter als der passionierte Bastler sind. Der 75-Jährige sammelt, restauriert und fährt seit Jahrzehnten alte Zweiräder aus Uropas Zeiten.
Haas‘ Haus in Plattenhardt gleich inzwischen einem Museum, das seinesgleichen sucht. Nicht nur im Wintergarten, auch im Raum nebenan stehen die Schmuckstücke aus dem vergangenen Jahrhundert in Reih und Glied.
Vor mehr als 40 Jahren hatte alles mit einer BMW R 25/3, Baujahr 1955, begonnen, erzählt der Rentner, der schon in Jugendjahren mit einem Victoria-Avanti-Moped die Straßen unsicher machte. Weil seine Eltern ihrem Sprössling diese Leidenschaft in jungen Jahren ausreden wollten, fing die Sammelleidenschaft erst viel später an. Nicht zuletzt deshalb, weil Haas inzwischen das nötige Kleingeld dazu hatte, um die alten, oft nicht mehr fahrtauglichen Raritäten aufzukaufen und zu richten.
Inzwischen vergeht kein Tag, an dem der 75-Jährige nicht an einem seiner Schätze schraubt. Das technische Know-how hat sich Haas, der früher als Gebäudemanagement-Fachbereichsleiter beim Südwestrundfunk arbeitete, mit seinem Maschinenbaustudium erworben. In seiner Werkstatt im Keller ist in den letzten Jahrzehnten so manches schrottreife Zweirad wie Phönix aus der Asche zu einer strahlenden Schönheit aus Lack und Chrom auferstanden. Fehlende Teile erwirbt Haas übers Internet und auf Sammlerbörsen. Oft fertigt der gelernte Werkzeugmacher die fehlenden Teile selbst.
In Fachkreisen ist Haas als „NSU-Edi“ wegen seiner Liebe für diese Marke bekannt. Der Großteil seiner Sammlung setzt sich nämlich aus den sogenannten NSU-Blockmodellen zusammen. Dabei handelt es sich um alte Motorräder aus Neckarsulm, bei denen Motor und Getriebe aus einer Einheit (Block) bestehen. Eines davon ist die 500er-NSU vom Typ 501 TS aus dem Jahr 1933.
Auch bei den Nachbarn ist „NSU-Edi“ kein Unbekannter. Ab und zu ist der 75-Jährige mit der noch fahrtauglichen 91 Jahre alten Tornax unterwegs. Wenn er die 26 PS-starke Vorkriegsmaschine startet, bekommt das wegen des furchteinflößenden Sounds halb Plattenhardt mit. Sie hat ein Leerlaufgeräusch von sage und schreibe 104 Dezibel. Von diesem Typ gibt es nur noch wenige Exemplare auf der Welt, fügt der stolze Eigentümer hinzu.
Auch die Kleidung ist passend
Eines seiner Lieblingstücke ist die im roten Lack glänzende DKW 500 mit Wasserkühlung, die inzwischen 90 Jahre auf dem Buckel hat. Gleich daneben ist eine fast gleichaltrige Wanderer 5,4 PS, 708 ccm Hubraum, mit einem äußerst seltenen 4-Takt-2-Zylinder-Motor mit acht Ventilen zu bewundern. Das älteste Stück im Privatmuseum Haas ist eine andere Wanderer vom Typ 4 PS mit Keilriemenantrieb aus dem Jahr 1914. Sogar der Tank, das Karbidlicht und der Sattel haben die 108 Jahre überlebt.
Auf der Stuttgarter Oldtimermesse Retro Classics sind jedes Mal einige Maschinen aus dem Hause Haas zu bewundern. Früher gehörte der 75-Jährige zu der Jury, die die ausgestellten Exponate der anderen Sammler prämierte. Dort am Stand des Allgemeinen Motorradsport-Clubs (AMSC) Leonberg, bei dem Haas Mitglied ist, ist oft sein NSU-Gespann mit dem APS-Luxus-Seitenwagen TYP 3 aus dem Jahr 1928 zu sehen. Öffnet man die Tür des Beiwagens mit Holzkarosse, spürt man den Luxus vergangener Tage. „Lederbezogen, fein abgesteppt, sind die Sitzkissen und die Innenverkleidung“, erzählt Lore, die Frau des Motorradliebhabers, die dort schon einige Male mitgefahren ist.
Nicht nur die Maschinen, auch die dazugehörige Kleidung stammt noch im Original von anno dazumal. Kein Wunder, dass „NSU-Edi“ bei Ausstellungen nicht nur Preise für seine Motorräder am laufenden Band einheimst, sondern auch für sein Outfit. Vor ein paar Jahren belegte er beim Roller- und Kleinwagentreffen in Engstingen (Landkreis Reutlingen) den ersten Platz.
Inzwischen hat sich Haas‘ einzigartige Sammlung in der Filmbranche herumgesprochen. So kommt es, dass einige seiner Maschine in Kinoproduktionen zu sehen waren. Und weil er mit seinem abgewetzten Ledermantel, der passenden Lederhaube auf dem Kopf und der froschäugigen Motorradbrille auf der Nase nicht erkennbar ist, doubelt er gleich den Darsteller auf dem Motorrad. So, wie zum Beispiel in dem Film „Dolores“, der unter anderem im Landkreis Esslingen gedreht wurde.